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Charité-Ärzte dürfen Timoschenko behandeln

Kay-Alexander Scholz26. Februar 2013

Die Ukraine und die EU möchten 2013 ein Assoziierungsabkommen unterzeichnen. Noch stehen dem Schritt aber Demokratiedefizite im Weg. In einem Punkt lenkte der ukrainische Außenminister in Berlin nun ein.

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Außenminister Guido Westerwelle begrüßt in Berlin seinen ukrainischen Amtskollegen, Leonid Koshara (Foto: dpa)
Leonid Koshara, der ukrainische Außenminister bei Westerwelle in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Ärzte der Berliner Charité könnten vom 2. bis 4. März die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko behandeln. Das gab der ukrainische Außenminister, Leonid Koshara, bei seinem Antrittsbesuch im Außenministerium in Berlin bekannt. Dass Timoschenko nicht schon wie geplant am vergangenen Wochenende von den Charité-Ärzten untersucht werden konnte, sei ein technischer Fehler gewesen, erklärte Koshara. Nun aber sollte es keine Schwierigkeiten mehr geben.

Berichten der Charité zufolge sei der ursprünglich "geplante Besuch von ukrainischer Seite nicht ermöglicht worden". Die Ärzte hätten keine Besuchserlaubnis bekommen, hieß es dazu auch von Seiten der Partei der Ex-Regierungschefin. Timoschenko befindet sich seit Mai 2012 wegen eines Bandscheibenvorfalls in einer Haftklinik und hatte wegen mangelnder medizinischer Versorgung mehrfach die internationale Öffentlichkeit gesucht.

Westerwelle: "Keine selektive Justiz"

Der Fall Timoschenko gehört zu den Punkten, die die Beziehungen zwischen der Ukraine und Europa belasten. Das machte Außenminister Guido Westerwelle nach dem bilateralen Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen vor der Presse erneut deutlich. (Artikelbild) "Frau Timoschenko hat Anspruch auf eine faires Gerichtsverfahren, jede selektive Justiz sollte vermieden werden", sagte Westerwelle. Außerdem habe Timoschenko das Recht auf eine angemessene medizinische Behandlung. Deshalb bedauere er es sehr, so Westerwelle, dass die Charité-Ärzte bisher keine Gelegenheit dazu hatten.

Julia Timoschenko in einem Video, das auf der Internetseite des Blocks der ukrainischen Ex-Regierungschefin veröffentlicht wurde (Foto: Block Julia Timoschenko)
Julia Timoschenko ist wegen Amtsmissbrauch zu sieben Jahren Haft verurteiltBild: picture-alliance/dpa

Koshara kam direkt von Brüssel aus nach Berlin, wo am Vortag der 16. EU-Ukraine-Gipfel stattfand. Geplant ist, dass beide Seiten im November ein Assoziierungsabkommen unterzeichnen. "Die europäische Integration ist eine Schlüsselfrage für uns, wir möchten sämtliche Bedingungen erfüllen", sagte der ukrainische Außenminister. Er habe Westerwelle über die geforderten Reformen in seinem Land informiert, sagte Koshara, und er freue sich, "dass Deutschland uns dabei unterstützen will".

Die Europäische Union (EU) hatte die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen, das im Kern ein Freihandelsabkommen ist, im Jahr 2011 gestoppt. Einer der Gründe war der Fall Timoschenko, der symbolisch ist für die Kritik am ukrainischen Justiz- und Wahlsystem.

Deutschland will bei Refomen helfen

"Die Bundesregierung hat ein klares Interesse an einer europäischen Perspektive für die Ukraine, umgekehrt verbinden wir mit dieser Perspektive die Erwartungen nach Reformen", fasste Westerwelle zusammen. Europa sei eine Wertegemeinschaft, und Bedingung der EU sei der Respekt für diese europäischen Werte. Deutschland werde die Ukraine dabei nach Kräften unterstützen, versprach Westerwelle. Das zweitgrößte Flächenland Europas mit 50 Millionen Einwohnern sei ein "wichtiger Staat im Herzen Europas und eine Nahtstelle zwischen Ost und West."

Diese Nahtstelle aber ist verbunden mit einem weiteren Problem der Vertragsverhandlungen. Wichtiger Handelspartner der Ukraine ist neben der EU die Zollunion zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan. Ein Beitritt zu dieser eurasischen Vereinigung wird von ukrainischer Seite diskutiert, wohl wissend, dass die EU dagegen ist.

Kein Abschied von Plänen einer Zollunion

Beide Außenminister brachten in Berlin ihre gegensätzliche Haltung zur Zollunion erneut zum Ausdruck. "Die Zollunion bleibe ein wichtiger strategischer Partner für die Ukraine", sagte Koshara. "Wie eine gleichzeitige Mitgliedschaft funktionieren soll, das sehen wir derzeit nicht", entgegnete Westerwelle.

Allerdings brachte Koshara die Formel "3 plus 1" ins Spiel, ohne jedoch nähere Ausführungen über eine entsprechende Form der Zusammenarbeit zu machen. Man habe noch keine Modalität gefunden, aber verhandele weiter, so Koshara.

Gemeinsam wollen beide Länder an der Bewältigung des Transnistrien-Konflikts an der ukrainisch-moldawischen Grenze arbeiten. Koshara sprach sich weiterhin für die Abschaffung der noch bestehenden Visa-Barrieren für die Ukraine aus. Auch sei über den OZSE-Vorsitz der Ukraine in diesem Jahr gesprochen worden, so Westerwelle.