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WM-Chaos Frankreich / England

21. Juni 2010

Die Affäre um Stürmer Nicolas Anelka zieht bei WM-Teilnehmer Frankreich weitere Kreise. Der Stürmer musste vorzeitig heimreisen. Das Team trat in den Trainingsstreik. Krach gibt es auch im englischen Team.

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Frankreichs Fitnesstrainer Robert Duverne sits allein auf der Trainerbank (Foto: AP)
Spieler-Streik: Frankreichs Fitnesstrainer ohne ArbeitBild: AP

Die fünf europäischen Fußball-Mächte geben bei der WM 2010 in Südafrika größtenteils ein erschreckendes Bild ab. Sportlich gesehen müssen die Teams aus Deutschland, Spanien, Italien, England und Frankreich das vorzeitige Aus befürchten. Während beim Europameister aus Spanien und der DFB-Auswahl immerhin noch ansprechender Fußball zu sehen war, blamierte sich Weltmeister Italien beim 1:1 gegen Fußball-Zwerg Neuseeland. Und bei den Nationalmannschaften von England und Vize-Weltmeister Frankreich herrscht seit dem Wochenende das reinste Chaos.

Spieler verweigern Training

Spieler der französischen Nationalmannschaft verlassen den Trainingsplatz (Foto: AP)
Trainings-Boykott der Equipe Tricolore in SüdafrikaBild: AP

Für einen Eklat sorgten die Franzosen. Nach einem mageren 0:0 gegen Uruguay und der Niederlage gegen Mexiko (0:2) steht die Equipe Tricolore in der Gruppe A vor dem Vorrunden-Aus. Stürmer Nicolas Anelka soll Trainer Raymond Domenech wüst beschimpft haben und musste deshalb vorzeitig die Heimreise antreten. Das Team um Franck Ribéry trat daraufhin in den Streik und verweigerte die Teilnahme am öffentlichen Training. "Das Problem ist nicht Anelka, sondern der Verräter, der unter uns ist", betonte Kapitän Patrice Evra. "Wir bedauern, was passiert ist, aber noch mehr bedauern wir die Veröffentlichung des Streits." Derartige Vorfälle gehörten "zum Leben eines Weltklasse-Teams", erklärte Evra. "Ich bin angewidert", sagte Delegations-Leiter Jean-Louis Valentin nach dem Vorfall und erklärte umgehend seinen Rücktritt.

Politiker fordern Konsequenzen

Die Zeitung "L'Equipe" zeigt Frankreichs Nationaltrainer Raymond Domench (r) und Spieler Nicolas Anelka (Foto: dpa)
Die Streithähne Anelka und Domenech in den MedienBild: picture alliance / dpa

Nach der Meuterei der Spieler forderten französische Politiker schonungslose Konsequenzen. "So etwas habe ich noch nicht erlebt. Das ist erbärmlich und dramatisch", kommentierte der ehemalige Sportminister und Parlamentsabgeordnete Jean-François Lamour in der Zeitung "Le Parisien". "Das ist inakzeptabel", hatte Präsident Nicolas Sarkozy bereits am Wochenende geschimpft. Sportministerin Roselyn Bachelot soll dem Chaos jetzt ein Ende setzen. Die Politikerin verlängerte auf Anordnung von Sarkozy ihren Aufenthalt in Südafrika und berief ein Krisentreffen mit Team-Kapitän Evra, Trainer Domenech und dem Präsidenten des Nationalverbands FFF, Jean-Pierre Escalettes, ein.

In den Medien wurden die Vize-Weltmeister von 2006 heftig angegriffen. "Diese französische Mannschaft bereitet uns eine echte Schande", überschrieb der "Parisien" seine Titelgeschichte. Auch die anderen großen Blätter zeigten wenig Verständnis für das Verhalten der Nationalspieler. "Die Bleus versinken in der Lächerlichkeit", schrieb "Libération" auf dem Titel. "Die Implosion des französischen Fußballs", bemerkte "Le Figaro". Eine "Farce" nannte die Sportzeitung "Équipe" die Vorfälle.

Streit im England-Team

Der englische Teammanager Fabio Capello neben einer Trainerbank (Foto: AP)
Unter Druck: Englands Teammanager Fabio CapelloBild: AP

Auch die bisherigen Leistungen der Engländer hatten wenig mit Fußball zu tun. "Es fühlt sich an, als wären die letzten zwei Jahre Zeitverschwendung gewesen", zitierten britische Zeitungen Nationaltrainer Fabio Capello nach dem 0:0 gegen Algerien in der Gruppe C. Der enttäuschte Coach distanziert sich zunehmend von seiner Mannschaft. "Ich habe keine Ahnung, wie oder warum die Spieler an diesem Punkt ankommen konnten", meinte Capello. In einer Krisensitzung soll Capello angeblich die von vielen Spielern geforderte Aussprache verweigert haben. An die Spitze der Capello-Kritiker bei den "Three Lions" hat sich Abwehrchef John Terry gestellt. "Meuterei: Terry greift nach der Rolle als Spielertrainer", titelte die Boulevard-Zeitung "Daily Mail". Zuvor hatte der im Februar nach einer Sex-Affäre als Kapitän abgesetzte Innenverteidiger über ein Treffen von neun unzufriedenen Spielern geplaudert. Die Fraktion, zu der auch Kapitän Steven Gerrard, Wayne Rooney und Frank Lampard gehören sollen, fordert Änderungen bei Taktik und Aufstellung von Capello, dessen Zukunft als Nationaltrainer in Frage gestellt ist.

Autor: Arnulf Boettcher (dpa, sid)
Redaktion: Calle Kops