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Butt und die Krimis

28. Dezember 2001

Nordische Sprachen als Steckenpferd. Der Kieler Professor Wolfgang Butt übersetzt die Bücher des schwedischen Autors Henning Mankell.

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Sein Haus im schleswig-holsteinischen Jasdorf wird von Büchern und einer akademischen Unordnung beherrscht. Auf dem Wohnzimmertisch liegt das Skript des Buches "Pyramiden", das der Professor jüngst übersetzt hat und im Frühjahr als "Wallanders erster Fall und andere Erzählungen" erscheinen soll. Fünf Krimis des schwedischen Bestseller-Autors Henning Mankell hat der 64-Jährige bislang ins Deutsche übertragen, darunter auch das aktuelle "Die Brandmauer".

Ambulanter Skandinavist

Die nordischen Sprachen waren schon immer Butts Steckenpferd. Als Kieler Student der Skandinavistik, Germanistik und Anglistik jobbte er in den Semesterferien als Tellerwäscher und Holzfäller in Schweden. 1967 promovierte er und arbeitete zwei Jahre als deutscher Lektor in Stockholm. Bis 1987 war der gebürtige Wuppertaler Privatdozent und Professor auf Zeit an der Kieler Uni, in den Folgejahren als "ambulanter Skandinavist" Gastprofessor in Wien, München, Saarbrücken und Frankfurt.

In seinem Wolfgang-Butt-Verlag in Kiel brachte er in acht Jahren rund 30 Titel skandinavischer Autoren heraus. "Mein Anliegen war hohe Literatur, aber das trug sich für einen kleinen Verlag nicht", meint er im Nachhinein. In dieser Zeit stieß Butt durch einen Freund auf den Autor Henning Mankell. Als selbstständiger Übersetzer hat er mittlerweile 18 Bücher bearbeitet, darunter auch Werke von Henrik Stangerup und Peter Englund.

"Du" wird zum "Sie"

Seit 1996 beschäftigen ihn die Fälle von Mankells Kommissar Kurt Wallander. Vier bis fünf Monate dauert die Übersetzung eines im Schnitt über 500 Seiten langen Krimis. Vier Mal liest und arbeitet Butt ein Buch in Zwölf-Stunden-Tagen durch, bis es zur Lektorin kommt und von ihm abschließend korrigiert wird. "Ich bin ein treuer Übersetzer, bewege mich nicht soweit vom Original weg", sagt der Professor. Bei Mankell heißt das kurze Sätze und auch mal herbere Ausdrücke wie "Nyberg schnäuzte sich in die Faust". So etwas müsse drinbleiben. Da bleibt Butt bei Diskussionen mit der Lektorin beharrlich. Nur bei der in Schweden üblichen Du-Anrede musste Butt sich fügen und die im Deutschen gebräuchliche Höflichkeitsform "Sie" im Buch verwenden.

Bei den Übersetzungen ist ihm der Protagonist, Kommissar Wallander, näher gekommen. "Ich empfinde ihn als unsinnlich und uninspirierend. Sein Leben ist uninteressant im Rahmen einer Mittelmäßigkeit. Er kocht nicht, hat keine Frauengeschichten, ist politisch korrekt, begeht aber Gesetzesbrüche", lautet Butts Urteil. Doch sei Wallander eine Künstlernatur, der die Fälle mit seiner Intuition löse. Zwar hat Butt Henning Mankell nur wenige Male getroffen und nimmt nur in dringenden Fragen Kontakt mit ihm auf, doch er ist sich sicher: Mankell hat auch eigene Charaktereigenschaften auf seine Romanfigur übertragen.

Skandinavische Literatur boomt

An den Romanen Mankells interessiert Wolfgang Butt vor allem die "unglaubliche Spannung". Dass mit dem Roman "Die Brandmauer" Wallanders Schaffen zu Ende geht, bedauert Butt weniger. Denn mit "Wallanders erster Fall und andere Erzählungen" greift Mankell den Kommissar in jungen Jahren auf. Zudem gebe es weitere Romane mit Wallanders Tochter Linda, die in den Polizeidienst geht. Schließlich boome die skandinavische Krimiliteratur, und jeder Verlag wolle gerne ein bis zwei nordische Autoren im Programm haben, sagt Butt.