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Bush in Bagdad

Daniel Scheschkewitz, Washington28. November 2003

Es war ein gelungener Coup von Präsident George W. Bush zum amerikanischen Erntedankfest, dem höchsten Familienfeiertag der Amerikaner: Völlig überraschend besuchte er am Donnerstag (27.11.) die US-Truppen in Bagdad.

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Überraschender Mit-Esser:<br>US-Präsident Bush im IrakBild: AP

Als die Nachricht von Bushs Überraschungsvisite in den USA publik wurde, befand sich der Präsident schon wieder auf dem Rückflug. Verblüffte Journalisten, die glaubten, Bush verbringe den Thanksgiving-Feiertag auf seiner Ranch in Crawford (Texas), fühlten sich düpiert. Und auch im Irak bei den US-Truppen, hatte mit diesem Gast wohl kaum einer gerechnet.

Paul Bremer, Amerikas Zivilverwalter im Irak, wollte gerade die Grußbotschaft des Präsidenten vor den rund 600 anwesenden Soldaten der 1. US-Panzerdivision verlesen, die sich zum traditionellen Truthahn-Essen eingefunden hatten, als Bremer sich selbst unterbrach. Diese Rede sollte eigentlich der ranghöchste im Saal halten, erklärte Bushs zuletzt vielkritisierter Statthalter im Irak, wartete einen Moment, woraufhin plötzlich Bush selbst in grauer Fliegerjacke und im offenem Hemdkragen vor den verdutzten Soldaten erschien.

Größte Geheimhaltung

Unter tosendem Beifall und in Anwesenheit des irakischen Übergangsrates dankte Bush den Soldaten und versprach: "Wir sind doch nicht hunderte von Kilometern in den Irak vorgedrungen, haben bittere Verluste hingenommen, einen brutalen Diktator gestürzt und ein 25-Millionen-Volk befreit, nur um um jetzt vor einer Bande von Banditen und Mördern reißaus zu nehmen.“

Danach teilte Bush zusammen mit Bremer Süßkartoffen und Kartoffelbrei als Beilagen zum Truthahn aus. Insgesamt soll die Stipvisite, die unter höchster Geheimhaltung stattfand, zweieinhalb Stunden gedauert haben. Bush war am Mittwochabend inkognito in ungekennzeichneten Fahrzeugen von seiner Privat- Ranch in Crawford, Texas aufgebrochen und dann mit der Präsidenten-Maschine "Air Force One“- im Schutze der Nacht auf dem internationalen Flughafen in Bagdad eingetroffen. Selbst Laura Bush , die First Lady, soll erst in letzter Minute informiert worden sein. Die wenigen mitreisenden Journalisten aus dem Pressekorps des Weißen Hauses waren zu strengstem Stillschweigen verpflichtet worden.

Der erste US-Präsident im Irak

George Bush ist der erste US-Präsident, der den Irak besucht . Sein Vater hatte als Präsident am ersten Thanksgiving nach dem Golfkrieg von 1991 die US-Truppen in Kuwait besucht. Der Bagdad-Blitzbesuch seines Sohnes stellt dies jedoch weit in den Schatten. Wieder einmal hat Bush zu einem Zeitpunkt, da die Schwierigkeiten im Irak scheinbar überhand zu nehmen drohten, durch eine geschickte PR-Aktion die Inititative ergriffen. Ähnlich wie sein Auftritt auf dem US Flugzeugträger USS Lincoln, Anfang Mai, als Bush in voller Fliegermontur publikumswirksam das Ende des Irakkrieges verkündete, dürfte auch dieser Besuch seinen Eindruck nicht verfehlen. Zuhause beim Wahlvolk, aber auch bei der zunehmehnd skeptischen Bevölkerung im Irak.