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Bundeswehr bildet Flüchtlinge aus

Marko Langer1. September 2016

Sie kommen aus Syrien und wissen nicht, ob sie bleiben dürfen. Bei der Bundeswehr lernen 45 junge Männer seit Anfang der Woche den Umgang mit Werkzeugen, die sie vielleicht auch in einem künftigen Beruf nutzen können.

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Deutschland Flüchtlinge in der zentralen Ausbildungseinrichtung für die Pioniertruppe der Bundeswehr
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Gute Ideen brauchen manchmal etwas länger. Ursula von der Leyen, die deutsche Verteidigungsministerin, nutzte die Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz, um eine für die Bundeswehr eher ungewöhnliche Initiative für Syrien anzukündigen: ein ziviles Ausbildungsprogramm: "Eines Tages wird es dort Waffenstillstand und wieder Frieden geben. Von dieser Hoffnung lasse ich mich nicht abbringen. Und dann werden die Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Weil sie dort gebraucht werden - für den schwierigen Wiederaufbau."

Zum Start 45 statt 120

Das war im Februar. Sieben Monate sind seitdem ins Land gegangen, doch nun trafen sich die CDU-Politikerin und der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, auf einem für Weise eher ungewöhnlichen Terrain: im Ausbildungszentrum für Pioniere des Heeres in Ingolstadt. Vertragsunterzeichnung, feierlich. Es sollte um die Zukunft von bis zu 120 Menschen gehen, die aus Syrien zu uns ins Land gekommen sind. Zunächst sind es aber nur 45 Männer aus Syrien, die hier in Ingolstadt und an mehreren weiteren Bundeswehr-Standorten geschult werden. Die Voraussetzungen: eine gute Bleibeperspektive und ein fortgeschrittener Integrationskurs. Außerdem habe die Bundeswehr auf eine umfassende Sicherheitsüberprüfung der Teilnehmer bestanden, wie BA-Sprecher Christoph Möller gegenüber der Deutschen Welle erläuterte. Dies habe den Start für einige Teilnehmer hinausgezögert.

Ausbilder der Bundeswehr nehmen die Flüchtlinge nun unter ihre Fittiche. Es geht um Grundfähigkeiten im Holz- und Betonbau, um Maurer- und Schweißarbeiten. Während die Ministerin bei der Ankündigung der Initiative betonte, ihr komme es vor allem auf eine Qualifikation für die Rückkehr ins Heimatland an, klingt die Sache inzwischen etwas anders. Die Absolventen der Kurse bekommen ein Zertifikat der Bundeswehr: Das könnte und sollte ihnen helfen, vielleicht auch in Deutschland einen regulären Ausbildungsplatz und in ferner Zukunft vielleicht einmal eine Stelle zu bekommen. "Alle wissen, was für eine Chance hier für sie schlummert", sagte von der Leyen.

Deutschland: Bundeswehr bildet Flüchtlinge aus
Dolmetscher war dabei: Ministerin von der Leyen mit syrischen Flüchtlingen in IngolstadtBild: Getty Images/AFP/C. Stache

Immer wieder das Problem: die Sprache

Das eine solche - der Ausbildung vorgelagerte - Schulung notwendig ist, hatte im Vorfeld auch der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) wiederholt durchblicken lassen. Auch der ZDH organisiert inzwischen solche Vorbereitungskurse - der Bedarf ist also vorhanden.

Haupthindernis ist die Sprache. Die Bundesagentur für Arbeit hatte etwa 100 Syrer für das Bundeswehrprogramm ausgewählt und dabei bereits auf die notwendigen Qualifikationen geachtet. "Das Schreiben ist die Haupthürde", sagte BA-Vorstandschef Weise in Ingolstadt. Er räumte ein: Nur etwa zehn Prozent der Flüchtlinge, die zuletzt gekommen seien, hätten hier eine gute Qualifikation und seien schnell ausbildungsfähig. Und so ist bei dem Pressetermin mit der Ministerin ein Dolmetscher dabei. Er wird auch bei den Syrern bleiben, wenn die prominenten Gäste wieder weg sind.

An diesem Montag haben die Kurse begonnen. Sie dauern je vier Wochen, aber wer will, kann auch mehrere Ausbildungseinheiten besuchen. Während der Maßnahme erhalten die Teilnehmer Arbeitslosengeld II - es ist also in jedem Fall ein Schritt heraus aus der Untätigkeit, die viele Flüchtlinge so quält.

Deutschland Bundeswehr bildet Flüchtlinge aus Von der Leyen mit Frank-Jürgen Weise
Eine Koalition für Flüchtlinge: Verteidigungsministerin von der Leyen (rechts) und BA-Chef Weise bei der Unterzeichnung des KooperationsvertragesBild: Getty Images/L. Preiss

Bislang sind es übrigens nur Männer, die von der Bundeswehr-Schulung profitieren. Noch nicht gestartet ist ein eigener Lehrgang für den Medizin- und Sanitätsbereich in Berlin, für den man bis zu 30 Frauen sucht. Andrea Schröther, Referentin in der Koordinationsstelle für Flüchtlinge bei der BA, ist sich nicht ganz sicher, ob man tatsächlich alle 30 Plätze besetzen kann. Zumal das Umfeld Bundeswehr mit seinen uniformierten Menschen vielleicht auch abschreckende Wirkung auf manche Kriegsflüchtlinge haben könne, wie Andrea Schröther im Gespräch mit der DW einräumt.

Ministerin von der Leyen ist aber auch in diesem Punkt zuversichtlich. "Ich wünsche mir mehr junge Frauen", sagte sie in Ingolstadt. "Um die werden wir gezielt werben." Nach zwölf Wochen will die Politikerin Bilanz ziehen.