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Freie Bahn für Einsatz vom Bundestrojaner

22. Februar 2016

Der Staat kann ab sofort mit einem eigenen Trojaner die Rechner verdächtiger Bürger überwachen. Die Genehmigung für die Ermittlungssoftware ist erteilt. Die Grünen bleiben skeptisch.

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Eine Computertastatur mit zwei Kameras, die auf eine menschliche Figur gerichtet sind (Foto: Fotolia/kebox)
Bild: Fotolia/kebox

Die technischen Tests wie auch die rechtlichen Prüfungen seien abgeschlossen. In die Beratungen seien die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern einbezogen gewesen, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Das als Bundestrojaner bekannte Computerprogramm könne nun im Rahmen des geltenden Rechts zum Einsatz kommen, sofern die Voraussetzungen vorlägen. Das Programm werde auch den Bundesländern zur Verfügung gestellt.

Software gegen Terroristen

Mit dem Trojaner sollen Ermittler nach richterlicher Genehmigung Zugang zur Computer- oder Smartphone-Kommunikation eines Verdächten erhalten. Bei der Online-Durchsuchung werden Daten auf der Festplatte eines Verdächtigen abgeschöpft. Das Programm dient der Überwachung laufender Gespräche und Chats. Ursprünglich wollte das Bundeskriminalamt den Bundestrojaner bereits im Herbst einsatzbereit haben. Die von ihm entwickelte Software kann insbesondere bei der Terrorismusbekämpfung zum Einsatz kommen, dafür müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllt sein.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2008 die Online-Durchsuchung mittels einer Überwachungssoftware gebilligt, aber an enge Bedingungen geknüpft. Es müssten tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr etwa von Leib, Leben und Freiheit eines Menschen bestehen, urteilten die Karlsruher Richter.

Grüne skeptisch

Kritik an dem Instrument zur Verbrechensbekämpfung kam von den Grünen: "Wir haben Verständnis für die Bedürfnisse der Sicherheitsbehörden, trotzdem: einem Rechtsstaat heiligt eben nicht der Zweck die Mittel", sagte Bundestags-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Deutschlandfunk. Er halte es auch für rechtlich problematisch, durch die Ausnutzung von Sicherheitslücken die Rechner Verdächtiger mit der Software zu infizieren. "Bisherige Programme konnten die extrem hohen rechtlichen Hürden des Bundesverfassungsgerichts nicht einhalten", betonte von Notz. Eine Prüfung sei bisher nicht möglich gewesen, da die zuständigen Firmen den Einblick in den Quellcode verwehrten. Auch der Chaos Computer Club äußerte Bedenken.

Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum zeigte sich ebenfalls skeptisch. Die technische Verwirklichung des Trojaners sei mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre fragwürdig. Er habe Zweifel, ob "dieses staatliche Hacking" vor dem Hintergrund des Grundrechts richtig und nachhaltig sei. Die Verfassung der Bundesrepublik erlaube nicht, "dass bei dieser Gelegenheit in dem hoch sensiblen Bereich des Computers, der ja für uns ein ausgelagertes Gehirn ist, alle möglichen anderen Informationen mit erfasst werden".

kle/uh (rtr, afp, dpa, deutschlandfunk.de)