Vorwahlkampf
5. März 2009Beim Treffen im Kanzleramt hat sich der Koalitionsausschuss lediglich auf strengere Regeln für Managergehälter einigen können. Ein äußerst bescheidenes Ergebnis, findet CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Bei der Suche nach Lösungen sei bei Union und SPD mittlerweise "sehr viel Realismus im Spiel", so Ramsauer. Streitfragen würden im Zweifelsfall vertagt: "Da sagt man, wenn es nicht unbedingt sein muss, dann lassen wir es halt sein. Jeder Koalitionspartner denkt da ein Stück an seine eigene Wählerschaft".
Fehlende Führungsstärke
Besonders die Kanzlerin denkt an die Wählerstimmen und an die Stimmung in der großen Koalition. Die ist eher mies. Doch Angela Merkel tut nichts dafür, um dies zu ändern. Sie hält sich vornehm im Hintergrund, sitzt die Probleme in altbewährter Tradition aus, bezieht keine Position - damit geht zwar nichts voran, aber es gibt auch keinen offenen Streit.
Dennoch hängt der großkoalitionäre Haussegen mehr als schief. Unions-Fraktionschef Volker Kauder äußert sich zwar vorsichtig, doch seine Skepsis nach dem Treffen in der Nacht zu Donnerstag (5.3.2009) schimmerte deutlich durch: "Wir haben auch etwas erreicht, aber natürlich hätte es mehr sein können."
Erreicht hat der Koalitionsausschuss lediglich eine Einigung im Hinblick auf die Spitzenverdiener des Landes. Manager sollen ihre Aktienoptionen künftig frühestens nach vier statt wie bisher nach zwei Jahren einlösen können. Außerdem soll der gesamte Aufsichtsrat und nicht nur ein kleiner Ausschuss über die Höhe der Gehälter entscheiden.
Darüber hinaus haben sich Union und SPD auf einige Novellen zum Umweltrecht geeinigt, nachdem ein umfassendes Umweltgesetzbuch gescheitert war.
Kaum noch Kompromissbereitschaft
Aber damit hatten sich die Gemeinsamkeiten erschöpft. Die Liste der unerledigten Themen ist lang: die Neuordnung der Jobcenter, Mindestlohn für Zeitarbeiter, Staatshilfen für Opel und andere angeschlagene Unternehmen sowie das Umweltgesetzbuch.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält das nicht für bedeutend. Er fand die Ergebnisse sehr erfreulich. Kein Wunder, hatte er sich doch mit seinen Vorschlägen für eine Beschränkung der Managergehälter durchgesetzt. Natürlich hätte auch er gern mehr erreicht. Vielleicht gelingt das nun in einer Arbeitsgruppe der Koalition. Sie soll parallel zum Gesetzgebungsverfahren klären, ob die Regeln noch verschärft werden können. Dann steht auch zur Debatte, wie stark ein Unternehmen bei Verlusten die Boni für seine Führungskräfte kürzen kann oder wieviele Aufsichtsratsmandate noch seriös sind.
Mit Blick auf das Klima innerhalb der Koalition riet Steinbrück allen Beteiligten, so lange wie möglich professionell zusammenzuarbeiten. Die Koalitionäre sollten jetzt "keine Wirtshausschlägerei" anfangen.
Wenig überraschende Schelte
Die Opposition erwartet von beiden Volksparteien keine großen Taten mehr. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem SWR, "es ist beim Treffen im Kanzleramt das herausgekommen, was wir erwartet haben, nämlich nahezu nichts. Das zeigt, dass diese Regierung schon lange am Ende ist."
Und Linksfraktionschef Gregor Gysi fügte hinzu: "Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird immer schlimmer, und die große Koalition ergeht sich im Nichtstun."
SPD-Fraktionschef Peter Struck sieht das anders. Für ihn ist die Koalition noch längst nicht am Ende: "Wir haben einen Wählerauftrag bis zum 27.September, und wir haben noch einige Punkte zu klären. Bis dahin müssen wir ordentlich zusammenarbeiten." Insofern sei es Unsinn, davon zu reden, die Koalition gehe langsam zu Ende, kritisierte Struck. (cd)