1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundestag winkt Griechen-Hilfe durch

27. Februar 2015

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag den Weg für eine Verlängerung der Griechenland-Hilfen frei gemacht - trotz "Bauchgrimmen" vieler Abgeordneter. Vor der Abstimmung hatte sich sogar der Bundespräsident eingeschaltet.

https://p.dw.com/p/1EiVg
Bundsfinanzminister Wolfgang Schäuble im Bundestag am Rednerpult (Foto: Reuters/H. Hanschke)
Bild: Reuters/H. Hanschke

Das Hilfsprogramm für Griechenland soll verlängert werden. Das haben die Parlamentarier in Berlin mit 542 Ja-Stimmen beschlossen. Dagegen votierten 32 Abgeordnete, 13 enthielten sich. Neben Union und SPD hatten auch Linke und Grüne ihre mehrheitliche Zustimmung angekündigt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte in der vorangegangenen Debatte davor gewarnt, Griechenland fallen zu lassen. "Deutschland hat nur eine gute Zukunft, wenn die europäische Einigung gelingt und wenn wir in Europa zusammenstehen", sagte der CDU-Politiker. Schäuble räumte ein, kein Abgeordneter tue sich leicht mit einer Verlängerung der Hilfen. "Es fällt uns schwer - jedem einzelnen von uns." Im Falle einer Ablehnung entstünde aber auch für Deutschland "großer Schaden".

"Nur mit Bauchgrimmen"

Vor allem in den Reihen von CDU und CSU waren zuletzt Einwände gegen eine nochmalige Verlängerung des Hilfspakets bis Ende Juni vernehmbar. "Viele Abgeordnete stimmen nur mit großem Bauchgrimmen zu - zu weiterem Entgegenkommen sind sie nicht bereit", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU), der dpa.

Bundespräsident Joachim Gauck hatte im Vorfeld der Bundestagssitzung die sich abzeichnende breite Mehrheit begrüßt. "Das Parlament ist verantwortungsbereit und nimmt sich der Sache mit großer Ernsthaftigkeit an", sagte Gauck im Hörfunksender MDR Info. Der Bundestag stelle sich der Frage, was Europa gewinne, wenn ein Teil der Gemeinschaft verloren gehe.

Autos in Flammen

In Athen hatten am Donnerstagabend mehrere hundert Menschen gegen die Einigung im Schuldenstreit protestiert. Die Demonstration wurde von Ausschreitungen begleitet, zahlreiche Fensterscheiben von Geschäften gingen zu Bruch, mehrere Autos standen in Flammen.

Nach Angaben der Polizei hatten sich etwa 300 schwarzgekleidete Linksautonome der Menge angeschlossen. Einige Demonstranten trugen Schilder mit Slogans wie "Raus aus der EU" und "Streicht die Schulden".

Ein Demonstrant steht vor einem brennenden Auto in Athen (Foto: AFP)
Ausschreitungen bei neuen Protesten in AthenBild: AFP/Getty Images/L. Gouliamaki

"Varoufakis verspielt Vertrauen"

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hatte am Mittwoch erneut für Irritationen gesorgt, als er wieder einen Schuldenschnitt ins Gespräch brachte - obwohl Athen erst vergangene Woche den Euro-Partnern zugesagt hatte, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte Varoufakis dafür scharf. "Ein Finanzminister, der wenige Tage, nachdem er mit 18 seiner Kollegen eine Einigung erzielt hat, diese wieder in Frage stellt oder neue Forderungen ins Spiel bringt, schafft kein Vertrauen", sagte Schulz der "Rheinischen Post". "Im Gegenteil: Er verspielt es."

Auch EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici hat sich gegen einen Schuldenschnitt gewandt. "Schulden sind da, um zurückgezahlt zu werden", sagte der französische Politiker im Deutschlandfunk. Allerdings räumte er ein, dass in Griechenland "ein Haushaltsüberschuss und Wachstum erzielt werden" müssten, damit die Verbindlichkeiten beglichen werden könnten.

Viele Deutsche wollen den Hahn zudrehen

Die bisherigen Kredithilfen der Euro-Partner für Griechenland seit 2010 belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland. Die Linke, die wegen der strikten Sparauflagen bisher immer gegen die Griechenland-Hilfen war, wird im Bundestag wohl erstmals mehrheitlich dafür stimmen. Endgültig will sich die größte Oppositionsfraktion aber erst in einer Sondersitzung kurz vor der Abstimmung entscheiden.

In der Bevölkerung hält sich die Solidarität für die Griechen in Grenzen. 43 Prozent gaben in einer repräsentativen Umfrage von Emnid für den Sender N24 an, sie würden Athen schon jetzt keine Hilfen mehr gewähren.

Noch fließt kein Geld

Wann das griechische Parlament über die Verlängerung des Hilfsprogramms abstimmen soll, ist bislang unklar. Griechenland hatte sich mit den Euro-Partnern darauf verständigt, dass das Programm, das eigentlich Ende Februar hätte auslaufen sollen, weitergeführt wird. Mit der grundsätzlichen Einigung sind aber keine kurzfristigen neuen Hilfszahlungen verbunden. Die bisher blockierten Gelder werden erst ausgezahlt, wenn Athen das aktuelle Hilfsprogramm abgeschlossen hat.

jj/sti (dpa, afp)