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Abgasaffäre: Bundesregierung unter Druck

26. August 2016

Mehrere Gutachten belasten laut Medienberichten die Bundesregierung in der Abgasaffäre: Demnach ist seit Jahren bekannt, dass selbst moderne Dieselfahrzeuge im normalen Fahrbetrieb hohe Emissionen aufweisen.

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Abgase strömen aus einem Auspuff (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Journalisten von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) haben die ersten fünf Stellungnahmen für den Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestages ausgewertet. Die Gutachten belasten die Bundesregierung schwer. Dass moderne Dieselfahrzeuge abseits der Teststände deutlich mehr Schadstoffe ausstoßen sei seit Jahren bekannt, heißt es in den Gutachten. Motoren seien so manipuliert worden, dass die Grenzwerte bei Tests gerade noch eingehalten werden. Das betreffe "Dieselfahrzeuge aller Hersteller".

Enge Verflechtungen von Behörden und Herstellern

Es sei "für alle Behörden" seit Jahren ersichtlich gewesen, dass der Schadstoffausstoß auf der Straße von den offiziellen Werten bei Zulassung der Autos deutlich abweiche, zitierten die drei Medien aus der Stellungnahme des Wissenschaftlers Denis Pöhler von der Universität Heidelberg für den Bundestag. Dennoch habe das Kraftfahrtbundesamt (KBA) "keinerlei Initiative ergriffen, diese Problematik anzugehen", schreibt Pöhler. "Der Politik und den Behörden ist Versagen vorzuwerfen, die Richtlinien der Emissionsprüfungen nicht angepasst zu haben, obwohl dies von Experten seit Jahren gefordert wurde", heißt es weiter in dem Gutachten. Pöhler vermutet zudem "zu enge Verflechtungen von KBA und Autoindustrie".

Probleme spätestens seit 2010 bekannt

Auch der ADAC wurde demnach vom Parlament um eine Stellungnahme gebeten. Dabei habe der Autoclub einen Brief beigelegt, den er im Juni 2010 an das Bundesumweltministerium geschickt habe, berichteten SZ, NDR und WDR. Darin sei gewarnt worden, dass immer strengere Grenzwerte für Dieselautos nichts brächten, weil sich nur auf dem Prüfstand, nicht aber auf der Straße etwas ändere.

Viele Hersteller erklären hohe Abgaswerte bei Tests unter realen Bedingungen mit dem Schutz des Motors. Demnach muss die Abgasreinigung zum Beispiel bei bestimmten Außentemperaturen heruntergefahren werden, um Motorschäden zu verhindern.

Das wiederum lässt dem Medienbericht zufolge ein weiterer Sachverständiger nicht gelten: Es sei durchaus möglich, Motoren so zu konstruieren, dass sie "betriebssicher" liefen und zugleich die geltenden Grenzwerte einhielten, befand demnach Roland Baar von der TU Berlin in seiner Stellungnahme.

"Organisiertes Staatsversagen"

Das von den Gutachtern gezeichnete Bild sei "sehr eindeutig", sagte Oliver Krischer (Grüne), Vizevorsitzender des Untersuchungsausschusses zur Abgasaffäre, den drei Medien: Es werde "organisiertes Staatsversagen" bestätigt.

Seit im vergangenen Herbst bekannt geworden war, dass Volkswagen bei Millionen Dieselautos eine verbotene Software zur Manipulation von Abgaswerten bei Tests eingebaut hat, sind auch andere Hersteller ins Zwielicht gerückt. Untersuchungen im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zeigten im April bei mehr als 20 Modellen verschiedener Autohersteller Auffälligkeiten. Die betroffenen deutschen Hersteller verpflichteten sich daraufhin, mehrere hunderttausend Autos zurückzurufen.

cr/stu (ndr, wdr, sz, afp)