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Bundesregierung bringt Reichensteuer auf den Weg

10. Mai 2006

Trotz Kritik auch aus den Reihen der großen Koalition hat das Bundeskabinett eine Reihe von Steueränderungen ab 2007 beschlossen. Neben der Reichensteuer sind verschiedene Kürzungen geplant.

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Wer mehr als 250.000 Euro verdient, soll ab 2007 mehr Steuern zahlenBild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesbürger werden ab Januar kräftig zur Kasse gebeten: Zusätzlich zur geplanten Mehrwertsteuererhöhung brachte das Bundeskabinett am Mittwoch (10.5.2006) in Berlin auch die Reichensteuer sowie Kürzungen bei der Pendlerpauschale, beim Kindergeld und beim Sparerfreibetrag auf den Weg.

Kritik der Opposition

Die FDP monierte, die Bürger würden "abgezockt und abkassiert", die Grünen sprachen von einem "Steuerchaos". Finanzminister Peer Steinbrück verteidigte hingegen die Abschaffung von Steuerprivilegien. Der SPD-Politiker betonte: "Die Haushaltskonsolidierung ist nicht ohne wahrnehmbare Veränderungen erreichbar." Deshalb müsse über das Steueränderungsgesetz 2007 hinaus auch an der Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Punkte auf 19 Prozent festgehalten werden. Denn die Reichensteuer bringe dem Fiskus zunächst nur 127 bis 128 Millionen Euro zusätzlich.

Nach dem Gesetzentwurf können künftig Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, "wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet". Die Altersgrenze beim Kindergeld wird ab dem Geburtsjahrgang 1983 von 27 auf 25 Jahre gesenkt. Für den Jahrgang 1981/82 gebe es eine Übergangslösung, sagte Steinbrück. Er räumte eine eindeutige "Verschlechterung" für die Betroffenen ein.

Neue Pendlerpauschale

Darüber hinaus wird die Pendlerpauschale in Höhe von 30 Cent pro Kilometer in Zukunft erst ab dem 21. Entfernungskilometer wie Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt. Kritikern der Regelung, die anführten, dann müssten künftig auch Unfälle auf dem Weg zur Arbeit steuerlich als Privatsache behandelt werden, hielt der Minister entgegen, mit dieser Regelung werde grundsätzlich dem "Werkstorprinzip" Geltung verschafft werden. Danach wird ausschließlich die Arbeitsstätte der Berufssphäre zugeordnet und das Wohnen dem Privatbereich.

Zum weiteren Abbau von Steuervergünstigungen wird der Sparer-Freibetrag auf 750 Euro für Ledige beziehungsweise 1.500 Euro für zusammenveranlagte Ehegatten gesenkt. Als so genannte Reichensteuer sieht der Gesetzentwurf für privat zu versteuernde Einkommen über 250.000 Euro (Ehegatten: 500.000 Euro) einen Zuschlag von drei Punkten auf den Einkommensteuerspitzensatz von 42 Prozent vor. Nicht davon betroffen sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit.

"Keine Neidsteuer"

Durch die für den 1. Januar 2008 geplante Unternehmenssteuerreform soll dann eine andere Entlastung erfolgen. Steinbrück nannte die Reichensteuer "eine Frage der Balance" und betonte: "Das ist keine Neidsteuer." Von der Zusatzsteuer für Topverdiener seien 20.000 bis 30.000 Steuerzahler in Deutschland betroffen. Der Minister sagte, für die geplante Unternehmenssteuerreform 2008 werde die Koalitionsregierung vor der Sommerpause nur Eckpunkte und keine beratungsfähige Unterlage vorlegen. Auch an der geplanten Mehrwertsteuererhöhung halte die Regierung fest, betonte der SPD-Politiker. Der Etat könne nicht allein durch Sparen konsolidiert werden. Ohne Mehrwertsteuererhöhung fehlten 17 Milliarden Euro in der Staatskasse.

Aus Sicht der FDP werden die Bürger von der großen Koalition "abgezockt und abkassiert". Die Behauptung, der Staat habe kein Geld, sei einfach nicht wahr, sagte Parteichef Guido Westerwelle. "Der Staat hat genug Geld, er verplempert es nur zu gern in Bereichen, wo er sich raushalten müsste." Die richtigen Maßnahmen wären Subventionsabbau, Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt. Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel sagte auf N24: "Das Ganze hat überhaupt keine Konzeption." Nach ihrem Eindruck suche die Koalition nur "wild" nach zusätzlichen Einnahmen. Die Reichensteuer sei inzwischen eine "reine Placebo-Nummer". (stu)