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"Bundesland Preußen" – Wieso? Weshalb? Warum?

19. Februar 2002

Von "Unsinn" über "absurd" bis "sinnvoll" reicht das Echo auf den Vorschlag von Brandenburgs Sozialminister Alwin Ziel (SPD), Berlin-Brandenburg nach einer möglichen Länderfusion in "Preußen" umzubenennen.

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Das Brandenburger Tor in BerlinBild: ap

Contra: "Ein falsches Etikett"

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, Klaus-Dieter Lehmann ist der Meinung, die Debatte sei absurd. Für Brandenburg sei der Preußen-Begriff historisch falsch. Brandenburg gehe als politisches Gebilde bis auf das Jahr 1415 zurück, Preußen sei erst 1701 begründet worden. Für ein neues Bundesland sei Preußen "ein falsches Etikett".

Contra: "Nachhilfe in Geschichte"

Ähnlich sieht das Carl-Hans Hauptmeyer, Professor für Regional- und Lokalgeschichte an der Universität Hannover, der den Vorschlag schlicht für "Unsinn" hält. "Preußen ist die historische Bezeichnung für das, was wir heute als 'Ost-Preußen' bezeichnen." Preußen habe im Gegensatz zu Brandenburg nicht zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehört. Er rate dem brandenburgischen Sozialminister, "ein bisschen Nachhilfe in Geschichte zu nehmen."

Pro: Preußen als Staatsidee

Der Vizepräsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Christoph Stölzl (CDU), kann der Idee dagegen viel abgewinnen. Preußen sei kein geographischer Begriff mehr, sondern eine Staatsidee. Das verloren gegangene Territorium ändere nichts an den noch immer gültigen Werten der preußischen Tugenden wie Sparsamkeit, Pflichtbewußtsein gegenüber dem Staat, progressive Einwanderungspolitik, religiöse Toleranz und eine für ganz Deutschland vorbildliche Kommunalpolitik. Durch die Namensgebung entstehe kein neues Preußen, sondern ein bescheidenes Bundesland im Nordosten der Bundesrepublik, meinte der frühere Berliner Kultursenator.

Contra: Preußen als geistiger Begriff

Harald Ringstorff
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald RingstorffBild: AP

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki lehnt "Preußen" als Bezeichnung eines fusionierten Landes Berlin-Brandenburg ab. Preußen sei in viel höherem Maße ein geistiger Begriff als ein geografischer, sagte Reich-Ranicki. Er könne es gut verstehen, dass bei der möglichen Fusion eine Bindestrich-Bezeichnung vermieden werden solle, fügte Reich-Ranicki hinzu. "Auch ich bin gegen den Firmennamen Berlin-Brandenburg. Aber sollte nicht die Bezeichnung Brandenburg ausreichen? Das wird die Rolle Berlins nicht im geringsten schmälern", sagte er. Es habe auch München und Köln nicht geschadet, dass diese Städte in der Bezeichnung der Länder, in denen sie liegen, nicht vorkommen.

Contra: Historisch falsch

Für Bayern ist der Begriff Preußen historisch besetzt, er bezeichne die Landmasse nördlich des Mains, sagte Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU). Ein Zusammenschluss Berlins mit Brandenburg könnte allenfalls als "Restpreußen" firmieren. "Um daraus 'Preußen' werden zu lassen, müssten schon Nordrhein-Westfalen und Hamburg der Fusion beitreten."

Neutral: Dadurch wird die Landeskasse auch nicht voller

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sieht die Angelegenheit emotionslos. "Ob sich die Berliner und Brandenburger nach einer Vereinigung Preußen nennen wollen, das sollen sie selbst entscheiden. Die Landeskasse wird durch die Wahl eines traditionsreichen Namens nicht voller." (pf)