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Bundesbank will Goldschatz heben

1. April 2002

Der Goldreserven galten bisher als unantastbar. Jetzt denkt der Bundesbank-Chef laut über eine schrittweise Umschichtung des Goldes in Aktien nach.

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3.500 Tonnen Gold lagern in den Tresoren der Deutschen BundesbankBild: AP

"Wir müssen auf mittlere Frist überlegen, ob wir in geringem Umfang und marktschonend einiges von unserem Gold in Wertpapiere umwandeln können", sagte Bundesbankpräsident Ernst Welteke vor kurzem. Solche Worte waren bisher unerhört - zumindest aus dem Munde eines Notenbankers. Die Politik meldete dagegen in regelmäßigen Abständen Begehrlichkeiten an, jedoch ohne Erfolg: Die heilige Goldkuh wagte bisher niemand zu schlachten.

Fort Knox am Main

Die Bundesbank hält derzeit knapp 3.500 Tonnen Gold im Wert von knapp 35 Milliarden Euro und Devisen im Wert von knapp 50 Milliarden Euro. Von dem entstehenden höheren Gewinn würde der Bund profitieren, der den jährlichen Überschuss der Bundesbank erhält. Im Jahr 2001 betrug der Bundesbankgewinn 8,3 Milliarden Euro.

Welteke hat nun alternative Anlageformen im Auge: Anleihen und ein "Aktiendepot mit einer guten Mischung aus Eurostoxx-50-Werten und anderen Standardaktien". Ziel der Bundesbank sei eine stärker ertragsorientierte Verwaltung von Gold- und Devisenreserven.

Politik streckt die Finger aus

Als 1997 der damalige Finanzminister Waigel plante, das Gold näher am Marktpreis bewerten zu lassen, brach ein Sturm der Entrüstung los. Seit einigen Wochen ist das Gold wieder in aller Munde. PDS-Politiker gruben das Thema Bundesbankreserven aus, Parlamentarier von SPD und CDU schlossen sich an. Auch der Grünen-Haushaltsexperte Oswald Metzger wies auf die Vorteile eines möglichen Goldsegens hin.

Regierungsvertreter gaben sich dagegen auffallend zurückhaltend: Sie fürchten den Vorwurf einer unseriösen Haushaltsführung. Das Finanzministerium, Nutznießer einer möglichen Umschichtung, hielt sich mit dem Jubeln zurück: "Es ist eine Angelegenheit der Bundesbank, die wir nicht näher zu bewerten haben."

Große Reserven bei sinkenden Preisen

Der vorsichtige Ausspruch des Bundesbank-Präsidenten machte die Märkte nervös. Einige Fonds warfen größere Goldbestände auf den Markt. Der Goldpreis sinkt seit Jahren ohnehin kontinuierlich, weil die Nachfrage nur bei 2.000 Tonnen im Jahr liegt. Die Zentralbanken wären imstande, den Goldmarkt kollabieren zu lassen, denn jede von ihnen hat größere Reserven gebunkert. Allein die US-Notenbank Federal Reserve sitzt auf 8.000 Tonnen.

Die Bundesbank könnte ihre Reserven aber frühestens zum Jahresende 2004 anzapfen. Bis dahin läuft ein Abkommen der europäischen Notenbanken: Sie dürfen zusammen maximal 400 Tonnen Gold pro Jahr verkaufen. Auch die Bilanzierung des Goldschatzes unterliegt speziellen Regeln. Bis 1998 wurden die Bundesbankreserven nach dem Niederwertprinzip zu 144 DM je Unze bewertet. Seit 1999 veranschlagt die Bundesbank den Marktpreis, verbucht den Bewertungsgewinn aber in einem Sonderposten. Zum Gesamtgewinn der Bank tragen diese "stillen Reserven" also nicht bei.

Einen kleinen Schritt in Richtung einer alternativen Anlagepolitik hat schon die italienische Notenbank Banca d'Italia gewagt - und bitter bereut: Sie verlor 250 Millionen Dollar mit Aktienfonds. (jf)