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Buchhändler haben Bauchschmerzen

17. Dezember 2001

Volle Buchläden und lange Schlangen an den Kassen: In der Weihnachtszeit scheint die Welt für Buchhändler und Verlage in Ordnung zu sein. Doch der Eindruck täuscht.

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Bücher bleiben in den LädenBild: AP

Die Buchbranche hat erneut ein ausgesprochen maues Jahr hinter sich. Die Umsätze stagnieren, der Verteilungskampf innerhalb der Branche wird härter, und den Verlagen macht die geplante Novellierung des Urheberrechts Sorgen. Sie rechnen mit steigenden Kosten. Dennoch: der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dieter Schormann, ist optimistisch, dass es 2002 wieder aufwärts geht.

Bestseller: Bücher zu Filmen

Vom Erfolg der Kinofilme "Harry Potter" und "Der Herr der Ringe" profitieren derzeit auch die Buchhändler. Die Bücher zu den Filmen lassen die Kassen kräftig klingeln. "Harry Potter Band 1 läuft wahnsinnig gut", sagt Schormann, selbst Buchhändler in Gießen. Auch das Buch zum "Herrn der Ringe" entwickle sich kurz vor dem Filmstart in Deutschland zum Renner. Abgesehen davon sei das Weihnachtsgeschäft eher verhalten gestartet. "Außerdem können die beiden Bücher natürlich nicht den Umsatzausfall des restlichen Jahres ausgleichen", meint Schormann.

Schon seit Mai laufen die Geschäfte nicht so gut. Hinzu kommt die sinkende Kauflust nach dem 11. September. Besonders bei Reiseführern hat es "deutliche Einbrüche" gegeben. Hier erwartet Schormann auch 2002 keine Besserung: "Die Angst vorm Reisen vergeht nicht so schnell wie bei BSE." Für das kommende Jahr rechnet der Börsenvereins-Chef dennoch mit 2 bis 2,5 Prozent Wachstum. Das erste Quartal werde wegen der Euro-Umstellung schwierig, doch danach erwartet er - je nach der politischen und wirtschaftlichen Weltlage - einen kleinen Aufschwung.

Doch der Buchmarkt ist gesättigt - die Titelzahl steigt unaufhaltsam. Rund 83.000 Neuerscheinungen drängten im Jahr 2000 auf den Markt, dabei kaufen - laut Statistik - 45 Prozent der Deutschen überhaupt keine Bücher.

Nur die "Großen" überleben

"Nach den Regeln des Marketings überleben in gesättigten Märkten nur wenige Wettbewerber", erklärt das "Börsenblatt des Deutschen Buchhandels". Üblicherweise beherrschen zwischen fünf und neun Firmen den Markt. Wer unter einem Marktanteil von 15 Prozent liegt, wird gekauft, führt ein Nischendasein oder verschwindet. Manche Themengruppen wie Ratgeber, Wissenschaft und Recht sind schon jetzt in Händen weniger Verlage.

Zuletzt traf es die Verlage Heyne, der unter das Dach des Axel Springer Verlags schlüpfte, und Kiepenheuer & Witsch, an dem die Verlagsgruppe Holtzbrinck Anfang 2002 die Mehrheit übernimmt. "Die Konzentration wird auf allen Handelsstufen noch rasanter", glaubt Schormann. Dabei werden seiner Ansicht nach nicht nur die großen Konzerne die kleineren Verlage schlucken, sondern sich auch die Großen untereinander zusammentun. Nach der Fusion der Buchhandelsriesen Phönix und Thalia in diesem Jahr rechnet Schormann für 2002 auch im Buchhandel mit "einigen Überraschungen".

Chancen und Hoffnungen für 2002

Um mehr Bücher unters Volk zu bringen, plant er im Marketing-Bereich gemeinsame Werbeaktionen von Verlagen und Buchhändlern. Außerdem ist der Börsenverein bereits mit den großen Fernsehsendern im Gespräch, um gemeinsam ein Nachfolge-Format für das eingestellte "Literarische Quartett" zu entwickeln. Aufwind erhofft sich Schormann zudem von der öffentlichen Diskussion über das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei der PISA-Studie. Er sieht darin die Chance für mehr Leseförderung und eine bessere Ausstattung der Bibliotheken.

Voraussichtlich im Frühsommer 2002 wird das Preisbindungs-Gesetz verabschiedet, das der Branche auch in Zukunft feste Preise für Bücher sichern soll. Wenigstens bei diesem Thema kann der Buchhandel dann nach jahrelangem Kampf aufatmen. "Damit ist ein Riesenschritt gemacht, denn wir sind aus den Fängen von Brüssel befreit und haben unsere nationale Regelung", sagt Schormann.

Mit dem geplanten Urhebervertragsrecht dagegen sind die Verlage trotz Entgegenkommens der Justizministerin nicht sehr glücklich. Bauchschmerzen bereitet ihnen vor allem, dass sie sich mit den Gewerkschaften auf feste angemessene Honorarsätze für Autoren und Übersetzer einigen müssen. Das Gesetz wird im Januar im Bundestag erneut diskutiert.