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Schweizer bald allein zu Haus

16. Februar 2014

Es sind die ersten Folgen des Schweizer Volksentscheids zur Zuwanderung: Nachdem das Land ein bilaterales Abkommen mit dem EU-Neuling Kroatien auf Eis gelegt hat, reagiert Brüssel prompt.

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Schweizer Zeitung auf einem Tisch mit einer Tasse Kaffee und einem Teller mit einem Croissant (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Verhandlungen über eine Beteiligung des Alpenlandes an dem Studenten-Austauschprogramm "Erasmus Plus" und dem milliardenschweren Forschungsprogramm "Horizont 2020" seien vorläufig auf Eis gelegt, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel. Damit könnten der Schweiz EU-Gelder für Forschung und Bildung entgehen.

Zuvor hatte Justizministerin Simonetta Sommaruga die kroatische Außenministerin Vesna Pusic telefonisch informiert, dass die Ratifizierung eines bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und Kroatien in "seiner gegenwärtigen Form" nicht mehr möglich sei, sagte Ministeriumssprecher Philipp Schwander. Auch Brüssel sei sofort über die geplante Überarbeitung der Vereinbarung informiert. Man wolle eine Einigung mit den Kroaten finden, die sowohl den Volksentscheid berücksichtige als auch kroatische Arbeiter nicht diskriminiere.

Die Schweizer hatten am vergangenen Sonntag bei einem Referendum mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent entschieden, die Zuwanderung aus der Europäischen Union zu begrenzen. Die Regierung hat nun drei Jahre Zeit, den Beschluss umzusetzen, will aber bis spätestens Ende Juni einen Plan dazu vorlegen. Dieser soll noch vor Jahresende in einen Gesetzesentwurf münden, der dann dem Parlament vorgelegt werden soll.

Das Schweizer Votum und die EU

Schneller Einwanderungsstopp gefordert

Der rechtpopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) als Initiatorin der Volksinitiative geht das nicht schnell genug: In der Zeitung "Schweiz am Sonntag" warnte SVP-Präsident Toni Brunner vor einer "massiven Einwanderungswelle", da die EU schon bald damit beginne, die volle Freizügigkeit auf alle ihre östlichen Mitglieder auszuweiten.

Die Schweiz ist kein Mitglied der Europäischen Union, doch hatten EU-Bürger bisher freien Zugang zum Arbeitsmarkt des Landes. Gemäß dem Abkommen mit Kroatien, das erst im Juli 2013 der EU beitrat, sollten Kroaten binnen eines Jahrzehnts ebenfalls Zugang zu Schweizer Jobs erhalten.

Weiteres Referendum nötig?

Unterdessen brachte der Chef der Sozialdemokratischen Partei, Christian Levrat, einen weiteren Volksentscheid für den Fall ins Gespräch, dass die Schweiz im Zuge der Zuwanderungsinitiative die bilateralen Verträge mit der EU kündigen muss. Die Bevölkerung müsse dann wählen können, ob sie weiterhin die Zuwanderung begrenzen oder an den bilateralen Abkommen festhalten wolle, sagte Levrat der "SonntagsZeitung" (SoZ). Nach seinen Angaben waren die Wähler davon ausgegangen, dass die Initiative "Gegen Masseneinwanderung" nicht die bilateralen Verträge gefährde.

Betroffen sind insbesondere sieben Abkommen aus dem Jahr 1999, die neben der Freizügigkeit die Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt regeln. Für diese gilt die so genannte Guillotine-Klausel, nach der alle diese Abkommen ungültig werden könnten, wenn die Schweiz die Freizügigkeit aufkündigt. Nach einer in der Zeitung "SonntagsBlick" veröffentlichten Umfrage lehnen 74 Prozent eine Kündigung der EU-Verträge ab, 19 Prozent sind dafür und sieben Prozent unentschieden. Für die Umfrage hatte das Meinungsforschungsinstitut Isopublic 1002 Menschen befragt.

Brüssel hatte nach dem Referendum ausdrücklich betont, dass die Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt ein grundlegendes Prinzip innerhalb der Europäischen Union darstelle und die Schweiz sich nicht nur die Rosinen aus den Verträgen herauspicken könne.

nis/det (dpa, afp, rtre, ape)