Haftbefehl gegen Zipi Livni
16. Dezember 2009Offiziell sind es "Terminschwierigkeiten", die die israelische Oppositionsführerin Zipi Livni daran hindern, nach Großbritannien zu reisen: Einen für Ende der Woche geplanten Besuch in London hat die ehemaligen Außenministerin abgesagt. Aber noch ein weiterer Grund dürfte Zipi Livni davon abhalten, ihre britischen Kollegen im Vereinigten Königreich zu treffen: Medienberichten zufolge hat ein Gericht in London einen Haftbefehl gegen sie erlassen. Livni werden Kriegsverbrechen während Israels Gaza-Offensive vor einem Jahr vorgeworfen.
Belastungsprobe für Israel und Großbritannien
Jetzt bahnt sich ein diplomatischer Streit zwischen Großbritannien und Israel an. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach am Dienstag (14.12.2009) von "einer Absurdität" und warnte vor einer Belastung der Beziehungen zwischen Israel und Großbritannien. Das Außenministerium wies auf die Rolle Großbritanniens als Vermittler hin: "Wenn israelische Politiker Großbritannien nicht auf angemessene und respektable Weise besuchen können, wird dies natürlich ein echtes Hindernis für den Willen Großbritanniens darstellen, eine aktive Rolle im Nahost-Friedensprozess zu spielen", heißt es in einer Mitteilung.
Die britische Regierung versuchte, die Wogen zu glätten: Das Außenministerium in London erklärte, die Angelegenheit werde geprüft. "Israels Führung muss es möglich sein, für Gespräche mit der britischen Regierung in das Vereinigte Königreich zu kommen", sagte ein Sprecher. Der britische Außenminister Miliband erklärte, sein Land suche "dringend nach Wegen" zur Änderung des Systems, das zum Haftbefehl für Livni geführt habe.
Anklage wegen Kriegsverbrechen
Der Haftbefehl wurde Zeitungen zufolge am Wochenende auf Antrag von Anwälten palästinensischer Opferfamilie ausgestellt. Nachdem bekannt wurde, dass Livni nicht in London ist, wurde er demnach wieder aufgehoben. Hintergrund ist ein britisches Gesetz, demzufolge ausländische Staatsbürger in Großbritannien wegen im Ausland begangener Verbrechen belangt werden können. Ein Gerichtssprecher bestritt die Ausstellung eines Haftbefehls.
Zipi Livni hatte als Außenministerin während der Gaza-Offensive gemeinsam mit Ministerpräsident Ehud Olmert und Verteidigungsminister Ehud Barak die wichtigsten Entscheidungen getroffen. Während der dreiwöchigen Offensive wurden mehr als 1400 Palästinenser getötet und mehr als 5000 weitere verletzt. Barak war bei einem Besuch in Großbritannien vor drei Monaten einer Verhaftung entkommen, nachdem das Außenministerium ein britisches Gericht auf seine Immunität hinwies.
Autorin: Anne Allmeling (afp, ap, dpa)
Redaktion: Ina Rottscheidt