1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

In Berlin wird es wieder Demonstrationen und Krawalle geben

30. April 2010

Nicht nur linksradikale, auch rechtsradikale Gruppen wollen an diesem 1. Mai in Berlin demonstrieren. Ihre Anhänger sind teilweise gewaltbereit. Die Polizei will Ausschreitungen wie im letzten Jahr verhindern.

https://p.dw.com/p/NBBN
Blaue Müllcontainer brennen (Foto: ap)
Bild: AP

Es ist nicht leicht, an die Organisatoren der "Revolutionären 1. Mai- Demonstration" heranzukommen. Sie reden nicht gerne mit Journalisten, denen sie "mediale Hetze" gegen ihre Bewegung vorwerfen. Sicherheitshalber nennen sie auch ihre richtigen Namen nicht, denn der Verfassungsschutz hat sie im Visier. Bernd heißt also gar nicht wirklich Bernd, aber der 19-jährige Student ist zu einem Interview in einem Kreuzberger Café bereit.

Feindbild Kapitalismus

Unter dem Motto "Die Krise beenden - Kapitalismus abschaffen!" ziehen er und seine Mitstreiter in diesem Jahr durch Kreuzberg und Neukölln. "Wir wenden uns gegen diese Gesellschaft, die auf Profit, Konkurrenz und Eigentum aufbaut", sagt Bernd. Er kämpft für eine klassenlose Gesellschaft, in der die Menschen solidarisch miteinander wirtschaften. Der Kapitalismus gehört für ihn auf den Schrotthaufen der Geschichte.

Mit seinen kurzen braunen Haaren, der Jeans und dem T-Shirt sieht Bernd aus wie jeder andere Student auch. Aber er investiert seine freie Zeit in den Kampf gegen den Staat, den er ablehnt und abschaffen will. Bernd gehört zur "Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin" – das ist eine der linksradikalen Gruppen, die die Demonstration organisieren.

Polizisten umgeben von Rauchbomben (Foto: ap)
Harter Polizei-Einsatz in KreuzbergBild: AP

Doppelstrategie der Polizei

10.000 oder mehr Teilnehmer werden erwartet – und mehrere Tausend Polizisten. Die setzen auf eine Doppelstrategie: "Das eine Element ist die Deeskalation, das heißt, wir fördern das friedliche soziale Engagement", sagt Polizeisprecher Thomas Goldack. "Auf der anderen Seite gehen wir schnell und konsequent gegen Gewalttäter vor. Wir haben im letzten Jahr innerhalb kürzester Zeit 289 Leute von der Straße geholt."

Der 1. Mai 2009 war besonders gewalttätig, nachdem es in den Jahren davor überwiegend friedlich zugegangen war. Nach Bernds Ansicht geht die Gewalt vom Staat aus, daher dürften auch die Demonstranten ihre Mittel frei wählen. Er ruft nicht zu Gewalttaten auf, was nach dem deutschen Strafgesetzbuch verboten ist, distanziert sich aber auch nicht davon. "Wenn am 1. Mai Polizisten attackiert werden, stehen sie da als Symbol für die kapitalistische Durchsetzung von Konkurrenz und Eigentum".

Auto mit zerstörter Scheibe (Foto: ap)
In Berlin empfiehlt sich in dieser Nacht ein sicherer ParkplatzBild: AP

Randale mit und ohne politische Motive

Nach den Erkenntnissen der Berliner Polizei haben die meisten Gewalttäter keine politischen Motive. Zwar gehe die Initialzündung von den Extremisten aus, so Goldack. Dem schlössen sich dann viele Menschen an, die bisher nie in Konflikt mit dem Gesetz geraten seien und einfach etwas erleben wollten. So wurde im letzten Jahr eine junge Schauspielerin verurteilt, nachdem sie vermummt vor einem brennenden Müllcontainer getanzt hatte. Auch ein Polizeibeamter beteiligte sich an der Randale, woraufhin seine Karriere beendet war. Der Wunsch nach "Spaß und Action" sei der Hauptgrund dafür, am 1. Mai in Berlin auf den Putz zu hauen, so Goldack. Schaulustige zögen mitsamt Kamera für das Erinnerungsfoto mitten ins Getümmel.

Auch die Rechtsextremen demonstrieren

Neu ist an diesem 1. Mai ist eine Demonstration der rechtsradikalen NPD durch den Stadtteil Prenzlauer Berg; Gegendemonstranten wollen sie stoppen. Die Zahl der Brennpunkte nimmt also zu. Die Warnung der Gewerkschaft der Polizei vor einer Gewalteskalation mit Hunderten von Verletzten oder sogar Toten hält Polizeisprecher Goldack allerdings für "völlig aus der Luft gegriffen". Mit etwa 6000 Beamten will die Polizei dafür sorgen, dass sich die Ausschreitungen vom letzten Jahr nicht wiederholen. Für sie wird der 1. Mai auf jeden Fall ein Tag der Arbeit.

Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Silke Wünsch