Brandkatastrophe im Obdachlosenheim
13. April 2009Das Feuer brach am frühen Montagmorgen (13.04.2009) aus und entwickelte sich rasend schnell zu einem Flammenmeer. Die Bewohner der dreistöckigen Unterkunft in der polnischen Kleinstadt Kamien Pomorski standen Mitten in einem Inferno. Beim Kampf der Menschen ums Überleben kam es zu Horrorszenen.
Eltern warfen ihre Kinder aus dem Fenster
Viele seien aus dem Fenster gesprungen und hätten sich dabei die Knochen gebrochen, berichten Augenzeugen. In größter Verzweiflung hätten Eltern sogar ihre Kinder aus den Fenstern auf den Hof geworfen und seien selbst hinterhergesprungen.
Eine Mutter habe so ihr kleines Kind vor dem sicheren Tod retten können. Für ein zweites Kind sei es aber zu spät gewesen – es sei verbrannt, erzählte ein Beobachter dem örtlichen Fernsehsender TVP INFO. Die Notausgänge der Unterkunft seien verschlossen gewesen, die Rettungsaktion chaotisch verlaufen, so seine Einschätzung.
Nach Angaben der Feuerwehr kann die Zahl der 21 Toten noch steigen, da noch mehrere der insgesamt 77 gemeldeten Heimbewohner vermisst werden. Allerdings war wegen der Osterfeiertage ein Teil von ihnen verreist. Andere hatten Gäste. Fest steht aber, dass 41 Personen gerettet werden konnten. Sie hatten in dem Haus eine Übergangsbleibe gefunden und warteten auf die Zuteilung einer Sozialwohnung.
Regierungschef Tusk am Unglücksort
Ministerpräsident Donald Tusk flog zum Unglücksort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er versprach den Opfern rasche Hilfe. Die Regierung werde sich um Wohnungen für die Überlebenden kümmern, so Tusk vor Journalisten. Benötigt würden jetzt umgerechnet rund 900.000 Euro.
Schwerste Brandkatastrophe seit Jahren
Staatspräsident Lech Kaczynski rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Es ist die größte Brandkatastrophe in Polen seit Jahren.
Der west-pommersche Kurort Kamien Pomorski liegt nahe der Ostseeküste, 600 Kilometer nordwestlich von Warschau. Er war bislang für seine Orgelkonzerte bekannt, die in den Sommermonaten auch von deutschen Touristen besucht wurden.
Ursprünglich ein Hotel
Das nunmehr abgebrannte dreistöckige Haus war vor Jahrzehnten als Hotel für die Beschäftigten der umliegenden Betriebe gebaut worden. Vor kurzem hatte es die Gemeindeverwaltung übernommen und als Unterkunft für Obdachlose genutzt. Schon früher soll es dort mehrfach gebrannt haben, weil die Bewohner eigene Heizkörper benutzten.
Zudem soll der Bau aus leicht brennbarem Material gewesen sein. Nach dem Inferno von Montagfrüh ist auch die Rede von einem Stromnetz, das überlastet gewesen sei. Was aber genau das Feuer entfachte, muss die Feuerwehr noch klären. (uh/wa/afp/dpa/ap)