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Brandherd Schattenbanken

Zhang Danhong3. Juni 2014

71 Billionen Dollar, so groß ist das Geschäftsvolumen der Schattenbanken weltweit. Das ist mehr als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung aller Länder zusammen. Die Politik wird zunehmend unruhig.

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Foto: John Lee/Fotolia
Bild: Fotolia/john lee

Bundeskanzlerin Angela Merkel macht Schattenbanken zur Chefinnensache: "Wenn wir in diesem Herbst in Australien zum G20-Gifpel zusammenkommen, dann ist die Regulierung der Schattenbanken das zentrale Thema", sagte Merkel am Montag (02.06.2014) auf der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung.

Schattenbanken sind sehr heterogen. Das können Geldmarkt- und Hedgefonds sein, oder Private-Equity- und Zweckgesellschaften. Auch Versicherungen zählen dazu. Sie vergeben Kredite an Privatpersonen oder Unternehmen, machen also bankähnliche Geschäfte, besitzen aber keine Banklizenz.

Kaufdruck trifft auf Verkaufsdruck

Im Moment sind sie eine Art "nützliche Idioten", denn sie kaufen Geschäftsbanken ihre faulen Kredite ab. Egal wie viele Schrottpapiere auf den Markt kommen, sie werden sofort aufgesaugt. Das führt dazu, dass Banken die strengeren Eigenkapitalregeln erreichen und fit für allerlei Stresstests werden - sehr zur Freude der Politik und Finanzaufseher. Doch die Schattenseite ist, dass eben die Schattenbanken schnell wachsen und inzwischen mit 71 Billionen Dollar jonglieren, so die Schätzung des 2009 ins Leben gerufenen Finanzstabilitätsrats. Das ist die Hälfte des Geschäftsvolumens der normalen Banken.

Mit anderen Worten: Das Risiko, das in den giftigen Papieren schlummert, ist nicht weg, allein der Risikoträger hat gewechselt. "Das ist wie eine heiße Kartoffel, die man weiterreicht", sagt Markus Henn, Finanzmarktexperte des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac, gegenüber der Deutschen Welle.

Warum tun Schattenbanken ihren" Brüdern im Licht" diesen Gefallen? Das liegt vor allem am wachsenden Renditedruck. Da Zentralbanken die Märkte mit Liquidität fluten und gleichzeitig die Zinsen bei nahe Null halten, suchen Investoren nach Anlagemöglichkeiten. Zudem hoffen die Schattenbanken natürlich, dass sie die "heiße Kartoffel" weiterreichen können.

Auch Schattenbanken können systemrelevant sein

Solange Zinsen für die Papiere gezahlt werden, ist nicht weiter schlimm. Wenn aber die Investoren plötzlich ganz schnell ihr Geld zurückhaben wollen, wird es problematisch, so wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008. Da einige US-Geldmarktfonds in Lehman-Brothers-Papiere investiert waren, misstrauten Investoren allen Fonds und zogen ihr Geld ab. So geriet auch der Versicherungsriese AIG ins Wanken. Dass sich Schattenbanken kein Geld von den Zentralbanken leihen können, macht die Sache noch brenzliger.

Hinzu kommt, dass sie mit den regulären Banken durch Kredite eng verflochten sind und diese im Falle einer Krise in Mitleidenschaft ziehen. Ein Grund, warum Schattenbanken ebenfalls systemrelevant sein können und notfalls vom Staat gerettet werden müssen.

Intransparenz ist das größte Problem

Dass auch die Schattenbanken einer Regulierung bedürfen, darin sind sich Politiker und Finanzaufseher einig. Die Frage ist nur, wie. "Das größte Problem ist, dass wir große Intransparenz haben, das geben auch die Behörden offen zu", sagt Markus Henn von Attac. Dann müssten Schattenbanken für Kreditgeschäfte auch Sicherheiten hinterlegen, ähnlich wie normale Banken, fordert Henn.

Und da auch der Schattensektor keine Landesgrenze mehr kennt, muss global gehandelt werden. "Wir brauchen ein globales Regelwerk für Schattenbanken", sagt Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), im Interview mit dem Handelsblatt.

Mit G20 hat die Bundeskanzlerin also das richtige Forum gewählt. Der Zeitpunkt allerdings ist nicht der günstigste. Das gab auch Angela Merkel zu. Die deutsche Regierungschefin stellt fest, "dass das weltweite Interesse mit dem Abstand zur internationalen Finanzkrise leider etwas nachlässt".