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Brüsseler Sommerloch

Alexander Kudascheff20. August 2003

Nicht nur viele Europäer – auch die Europäische Kommission macht derzeit Urlaub. Selbst die Kantine ist geschlossen. Ein hartes Los, besonders für die in Brüssel verbliebenen Journalisten, schreibt Alexander Kudascheff.

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Ferienzeit in Europa. Die Kommission in Brüssel ist verwaist. Das übliche Mittagsbriefing, in dem über alles Wichtige und Unwichtige der EU informiert wird, ist kurz wie nie. Statt Kemppinen, dem Chefsprecher oder Filori, seinem Vertreter, statt Amalia für den Wettbewerb oder Beate für den Verbraucherschutz und die Landwirtschaft, informiert die dritte, manchmal die vierte Garde.

Sie kennt man nicht einmal vom Namen her - und ihre Themen sind unwichtig. Und gelegentliche Aufgeregtheiten, sie versickern in der Ferienapathie oder im Sommerloch. Die Kommission hält Stallwache - ein paar Journalisten, die dasselbe Los getroffen hat, auch. Doch da selbst die Kantine geschlossen hat, gibt es noch nicht einmal ein Arbeitsessen mit Insider-Informationen, sondern nur den Weg in den nahegelegenen Jubelpark.

Mauritius statt EU-Viertel

Dort immerhin suchen Touristen Europa, finden es aber nicht - denn Europa ist in den Sommerferien - vier Wochen lang. Also Marsch ins Europaparlament. Es ist verwaist. Kein Parlamentarier tummelt sich in Brüssel, die Sprecher sind in der Dordogne oder im schottischen Hochmoor, manche sogar - so munkelt man eifersüchtig und neidisch - auf Mauritius.

Statt der üblichen Papierflut zu Maut oder Sonderhilfen, zur Gentechnologie oder den Regionalfonds -, die sonst täglich das Faxgerät ausspuckt, das blanke Nichts. Und das ist nicht schlecht, da kann man noch mal das eine oder andere nachlesen. Zum Beispiel: Im nächsten Jahr sollen alle Europaabgeordneten endlich dasselbe verdienen - die Ungarn soviel wie die Italiener, die Spanier soviel wie die Slowenen, die Deutschen soviel wie die Polen. Endlich, denn dann ist die Spesenreiterei der Euro-Parlamentarier vorbei, so denkt man.

Einsamkeit im August

Aber man ahnt mehr als man weiß, das gleiche Gehalt - es wird nicht kommen. Denn sonst verdiente ein ungarischer Parlamentarier doppelt soviel wie sein Regierungschef in Budapest. Also werden die Staats-und Regierungschefs Nein sagen - mit der Folge: es wird weiter getrickst. Ein unhaltbarer Zustand, so denkt man in Ferienlaune und geht vergnügt ins Spesenrestaurant - bleibt aber im August allein. Nicht schlecht, oder?