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Sieg für die Basarwa

Stefanie Duckstein, zurzeit Gaborone13. Dezember 2006

Die zwangsumgesiedelten Ureinwohner der afrikanischen Kalahari-Wüste dürfen nach einem Gerichtsbeschluss ins Land ihrer Vorväter zurückkehren. Damit geht ein symbolträchtiger Menschenrechtsprozess zu Ende.

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Der Chef der Basarwa, Roy Sesana, wartet auf das Urteil
Der Chef der Basarwa, Roy Sesana, wartet auf das UrteilBild: picture-alliance/ dpa

Das Oberste Gericht von Botswana machte am Mittwoch (13.12.2006) den Weg für eine Rückkehr der Basarwa ins zentrale Kalahari-Naturreservat im südlichen Afrika frei. Zwei der drei Richter urteilten nach Angaben des Anwalts der Buschmänner zu Gunsten ihrer Klage, ein Richter stimmte dagegen.

Es war der längste, teuerste und emotionalste Prozess, über den Botswanas höchstes Gericht je zu urteilen hatte. "Wir werden immer weiter kämpfen", hatte Roy Sesana noch kurz vor der Urteilsverkündung gesagt. Er ist Menschenrechtler und Anführer seines Volkes der San, auch unter dem Namen der Basarwa bekannt. Nun hat er sein Lebensziel erreicht, das Land seiner Vorfahren zurück zu gewinnen.

Zwangsumsiedlung

Geboren in Molapo, einem kleinen Ort inmitten des Central Kalahari Game Reserve in Botswana lebte Sesana als traditioneller Medizinmann. Gemeinsam mit 248 anderen Basarwa strengte er Ende der 90er-Jahre ein Gerichtsverfahren gegen die Regierung Botswanas an. Der Vorwurf der Kläger: Die Regierung habe sie damals aus ihrem angestammten Gebiet, der Kalahari, vertrieben und in entlegene Nachbargebiete umgesiedelt. Aufgrund eines Verfahrensfehlers scheiterte die Klage der 243 Basarwa im Jahr 2002. Seitdem gab es zahlreiche Neuauflagen.

Zweifelhafte Chancengleichheit

In Botswana leben etwa 50.000 Basarwa. Über Jahrtausende durchstreiften die Ureinwohner als Jäger und Sammler die Kalahari-Trockensteppe. Anfang der 90er-Jahre versuchte die Regierung die Bewohner entlegener ländlicher Gebiete des Landes - und damit auch die Basarwa - in grundlegende Entwicklungsmaßnahmen wie Trinkwasserversorgung, Schulbesuch und Gesundheitsvorsorge mit einzubeziehen. Alle Bewohner Botswanas sollten gleiche Chancen auf Entwicklung haben. Doch für Roy Sesana und seine Anhänger waren das nur leere Versprechungen.

"Das ist eine Lüge. Viele von uns sind zur Schule geschickt worden - doch ohne Ergebnis. Nennen Sie mir einen Basarwa, der in der Verwaltung oder Regierung arbeitet! Wie viele von uns arbeiten heute für das Radio Botswana, um unsere Geschichte zu erzählen? Unsere Kultur, unsere Sprache, unser Erbe wird in den Schulen nicht gelehrt. Soll ich also das Land und seinen Reichtum preisen?"

Internationales Aufsehen

In aller Welt wurde der Prozess interessiert beobachtet, denn er steht symbolisch für den Umgang der Regierenden mit indigenen Völkern. Viele Menschenrechts-Organisationen haben sich dem Schicksal der Basarwa angenommen.

Auch Alice Moghwe, Direktorin der botswanischen Human Rights Commission Ditshwanelo, kämpft für den Erhalt der Kultur und Identität der Basarwa. Sie hätten gemeinsam mit dem staatlichen Naturschutzprogramm einen Managementplan entworfen, der als eine Art Empfehlung dienen solle. Er regle den Umgang mit natürlichen Ressourcen, den Schutz der Tiere - aber eben auch die nachhaltige Entwicklung der Menschen im Game Reserve. "Der Managementplan hatte den Bewohnern der Kalahari ein Leben vor Ort in Aussicht gestellt", sagt Alice Moghwe.

Diamanten für die Regierung?

Der Plan geriet ins Hintertreffen, seitdem andere Selbsthilfegruppen, allen voran die britische Organisation Survival International, die Verhandlungen blockierten: Sie verdächtigten die Regierung Botswanas, in der Kalahari Diamanten schürfen zu wollen. Danach war ein Kampf entbrannt, bei dem sich Basarwa und Regierung unversöhnlich gegenüberstanden und sich die Fronten unter internationalem Druck weiter verhärteten. Das Image des lange Zeit als demokratischer Musterstaat angesehenen Botswanas wurde dadurch schwer beschädigt.

Alice Moghwe und ihre Organisation Ditshwanelo haben sich öffentlich von solchen Vorwürfen distanziert. Sie hält das Argument, dass die Regierung in der Kalahari-Wüste wirtschaftliche Interessen habe, für vorgeschoben. Für Moghwe ist auch mit dem Urteil der Fall nicht beendet. Denn die Frage der Integration bleibe für alle Beteiligten weiterhin bestehen. Zwar könne entschieden werden, dass die Basarwa ins Central Kalahari Game Reserve zurückkehren könnten. Die grundsätzliche Frage aber, wie man die Kultur der Basarwa erhalten und weiterentwickeln könne, bliebe aber trotz Urteil ungeklärt.