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Botschafter der Poesie

23. Dezember 2005

Literaturprofessor, Schauspieler, Regisseur, TV-Talkmaster, Diplomat - Antonio Skármeta hat schon viele Rollen gespielt. Seit zweieinhalb Jahren ist der 65-jährige Skármeta wieder ganz Schriftsteller.

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Antionio SkármetaBild: dpa
Buchcover: Antonio Skarmeta - Die Hochzeit des Dichters

Soeben erschien sein achter Roman auf deutsch: "Der Dieb und die Tänzerin". Geschickt verwob Skármeta in seinem neuen Buch Elemente des Liebes-, Kriminal- und Politromans zu einer mitreißenden Handlung, die im Chile der Jahrtausendwende spielt - einem Land, das von Technokraten beherrscht wird und weder Ideale noch Erinnerung zu kennen scheint. Seine Protagonisten sind wie oft humorvoll und einfühlsam geschilderte Anti-Helden, die sich allen Schicksalsschlägen zum Trotz zu neuen Abenteuern aufschwingen.

Geboren wurde Skármeta 1940 in der chilenischen Küstenstadt Antofagasta. Die Kindheit verbrachte er teilweise in Argentinien, sein Literaturstudium schloss er in den USA ab. Seine ersten Erzählungen erschienen 1967, acht Jahre darauf folgte "Ich träumte, der Schnee brennt". Es war der erste Roman über die turbulenten Jahre der linken Allende-Regierung, die er engagiert unterstützt hatte.

"Neruda ist mein Idol"

Das Buch erschien in Spanien, entstanden war es im argentinischen Exil - Skármeta wollte einfach nicht in einem Chile unter Diktator Augusto Pinochet leben. Die Jahre 1975 bis 1989 verbrachte er in Westberlin. Er schrieb Drehbücher für den Regisseur Peter Lilienthal - und Romane: "Nixpassiert" dreht sich um die Welt eines chilenischen Jugendlichen im fremden Europa, "Der Aufstand" schildert den Sieg der revolutionären Sandinisten in einer Stadt in Nicaragua.

Pablo Neruda
Pablo Neruda (Aufnahme: 1971)Bild: AP

Dem großen Dichter Pablo Neruda, den er als junger Mann kennengelernt hatte, näherte sich Skármeta zunächst mit filmischen Mitteln. Über eine fiktive Freundschaft zwischen Neruda und seinem Postboten schrieb er ein Drehbuch, das er 1984 selbst verfilmte und in einen Roman verwandelte. "Mit brennender Geduld" wurde ein Jahrzehnt später zum Welterfolg - durch den Spielfilm "Il Postino" des Briten Michael Radford. "Neruda ist mein Idol", sagt Skármeta. "Er hat mir beigebracht, auf eine andere Weise zu sehen und zu lieben."

"Die Inspiration kommt um 10"

1989, als die Pinochet-Diktatur zu Ende ging, kehrte Skármeta nach Chile zurück und stieg in die Fernsehunterhaltung ein. Seine wöchentliche "Büchershow" galt als beste Literatursendung Lateinamerikas. "Für mich ist weder ein Leben noch eine Literatur außerhalb der Politik vorstellbar", bekannte er einmal. So kam er im Jahr 2000 wieder nach Berlin - als Botschafter des demokratischen Chile.

Buchcover: Skármeta - Mädchen mit der Posaune

Hier beendete er auch den Roman "Das Mädchen mit der Posaune". Aber nach zweieinhalb Jahren wurde dem stets gut gelaunten Freigeist die Welt der wohl gesetzten Worte und Stehempfänge zu eng. Es zog ihn zurück nach Santiago, wo er wieder genug Zeit für die Literatur hat. Jeden Morgen setzt er sich an den Computer: "Ich sorge dafür, dass die Inspiration pünktlich um 10 Uhr an meinen Schreibtisch kommt." Das scheint zu funktionieren. Die Romane Nummer neun und zehn stehen kurz vor der Vollendung. (epd)