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Bosnien-Herzegowina: Symbole der Entitäten verfassungswidrig

6. April 2006

Bosnien-Herzegowina hat zwei Entitäten. Jede hat eigene Symbole. Doch die sind nun umstritten, weil sie das Recht auf Gleichberechtigung der drei konstitutiven Ethnien - Serben, Kroaten und Bosniaken - einschränken.

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Das Verfassungsgericht von Bosnien-Herzegowina hat entschiedenBild: bilderbox

Das Verfassungsgericht von Bosnien-Herzegowina hat Ende vergangener Woche (31.3.) beschlossen, dass in den kommenden sechs Monaten die Staatssymbole beider Entitäten in Bosnien-Herzegowina an die Verfassung angepasst werden müssen. Dem Urteil des Verfassungsgerichts zufolge sind das Wappen und die Flagge der Föderation Bosnien-Herzegowina und die Flagge, das Wappen und die Hymne der Republika Srspka verfassungswidrig. So wird beispielsweise im Text der Hymne für die Republika Srpska lediglich das serbische Volk erwähnt, nicht aber das kroatische und das bosnische. Solche und ähnliche Aspekte verstoßen nach Ansicht des Gerichts zudem gegen die Internationale Anti-Diskriminierungskonvention, nach der alle Formen der Rassendiskriminierung abgeschafft werden müssten.

In der Urteilsbegründung heißt es: "Das Verfassungsgericht von Bosnien-Herzegowina befindet das Recht des bosniakischen und kroatischen Volkes in der Föderation Bosnien-Herzegowina bzw. des serbischen Volkes in der Republika Srpska für legitim, dass sie durch gesetzliche Mechanismen ihre Tradition, Kultur und Identität wahren. Allerdings muss das gleiche Recht dem serbischen Volk in der Föderation bzw. dem bosniakischen und kroatischen Volk in der Republika Srpska sowie allen übrigen Staatsbürgern von Bosnien-Herzegowina eingeräumt werden.

Banja Luka fürchtet Radikalisierung

Nach Einschätzung des Premiers der Republika Srpska Milorad Dodik ist das Urteil des Verfassungsgerichts ein Politikum. Der Präsident dieser Entität, Dragan Cavic, befürchtet sogar politische Folgen und eine erneute Radikalisierung des politischen Alltags in der Republika Srpska. Daraufhin erklärte Parlamentspräsident Igor Radojicic: "Unserer Einschätzung nach besteht eine Rechtsgrundlage, das Urteil anzufechten". Für eine Revision bestehe eine gesetzliche Frist von einem Jahr.

Präsidiumsmitglied Tihic: Historisches Urteil

In der Föderation stößt das Urteil eher auf positive Reaktionen. So meint Sulejman Tihic, bosniakisches Mitglied der Präsidentschaft von Bosnien-Herzegowina, der die Klage bereits 2002 eingereicht hatte: "Das Urteil des Verfassungsgerichts von Bosnien-Herzegowina ist von historischer Bedeutung. Es bestätigt den Beschluss des Verfassungsgerichts, dem nach die drei konstitutiven Ethnien in Bosnien-Herzegowina gleichberechtigt sind". Niko Lozanic, Präsident der Föderation, räumt zwar ein, dass im Wappen und auf der Flagge dieser Entität die Symbole einer Ethnie – der serbischen – fehlen, doch hält er das Urteil des Verfassungsgerichts für absolut gerechtfertigt.

S. Smoljanovic, Banja Luka, Z. Pirolic, Sarajewo
DW-RADIO/Bosnisch, 4.4.2006, Fokus Ost-Südost