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Im Griff von La Niña

Das Interview führte Steffen Leidel 19. Februar 2008

Einige Regionen Boliviens versinken nach heftigen Regenfällen im Wasser. Meteorologen machen dafür das Wetterphänomen "La Niña" verantwortlich. Eine Folge der Klimaerwärmung? Antworten von dem Klimaforscher Mojib Latif.

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Überflutetes Land bei Trinidad in Nordbolivien (Quelle: AP)
Selbst Haustiere müssen auf Booten in Sicherheit gebracht werdenBild: AP

DW-WORLD.DE: Bolivien erlebt derzeit eine der schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte. Betroffen ist die vor allem die Amazonas-Provinz Beni im nördlichen Teil Boliviens, 50.000 Menschen mussten evakuiert werden. Bereits im vergangenen Jahr gab es starkes Hochwasser. Gibt es eine Erklärung für dieses Wetterphänomen?

Prof. Dr. Mojib Latif, Klimaforscher, Leibniz-Institut fuer Meereswissenschaften an der Universität Kiel, Quelle: dpa
Latif: 'Südamerika ist besonders gefährdet'Bild: Picture-Alliance/Sven Simon

Mojib Latif: Zum Teil ist das auf ein Phänomen im Pazifik, das wir als "La Niña" bezeichnen, zurückzuführen. Nun haben einige vielleicht schon von "El Niño" gehört: La Niña ist quasi die kalte Schwester von El Niño. Bei El Niño erwärmt sich der Pazifik außergewöhnlich stark, jetzt haben die umgekehrte Situation, nämlich der Pazifik kühlt sich außergewöhnlich stark ab. Das führt gerade über Bolivien zu sintflutartigen Niederschlägen.

Inwieweit ist dieses Wetterereignis vorhersehbar?


Man kann dieses Phänomen etwa ein halbes Jahr im Voraus berechnen. Dazu braucht man Klimamodelle, die nicht nur die Atmosphäre, sondern auch den Ozean, die Meeresströmungen berechnen. Und diese Modelle werden dann mit aktuellen Daten gefüttert. Im Pazifik gibt es ein Messsystem, bestehend aus vielen Bojen längs des Äquators. Damit kann man solche Vorhersagen machen. Deshalb wussten wir auch schon vor einigen Monaten, dass wir in so eine Phase kommen würden.

Fallen die Niederschläge dann auch zwangsläufig so heftig aus?

Das ist in gewisser Weise Zufall. Wir wissen, dass in Folge von La Niña solche anormalen Niederschläge vorkommen, dass es also mehr regnet, als normal. Dass es aber so stark werden würde, das konnte man nicht ablesen.

Wir leben in der Zeit des vom Menschen verursachten Klimawandels. Hat La Niña etwas damit zu tun?

Man kann nicht grundsätzlich einzelne Ereignisse auf die Klimaerwärmung schieben, genauso wenig wie man bei einem gezinkten Würfel eine Sechs herausgreifen und sagen kann, dass diese eine Sechs auf das Zinken zurückzuführen ist. Aber wir müssen in Folge der Erderwärmung schon damit rechnen, dass außergewöhnliche Niederschläge weiter zunehmen, weil in einer wärmeren Welt insgesamt mehr Wasser in der Atmosphäre ist und deswegen können auch solche Auswirkungen, wie sie bei La Niña beobachtet werden, etwas stärker werden.

Ist Südamerika besonders gefährdet für Überschwemmungen?

Südamerika ist gefährdet sowohl durch außergewöhnliche Niederschläge, als auch durch außergewöhnliche Dürre. Einige Modelle sagen beispielsweise voraus, dass die Amazonas-Region besonders trocken werden wird infolge der globalen Erwärmung, was natürlich - und das ist für jedermann verständlich - für den Regenwald verheerende Folgen hätte.

Mojib Latif (53) ist Professor am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel. Latif gehört dem UN-Klimarat an, der, zusammen mit dem früheren US-Vizepräsidenten Al Gore, im Dezember 2007 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

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