1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Blutiger Juni in Afghanistan

30. Juni 2010

Erstmals seit dem Einmarsch Ende 2001 wurden in nur einem Monat mindestens 100 ausländische Soldaten in Afghanistan getötet. Und es wird wohl noch schlimmer kommen, erwartet NATO-General Petraeus.

https://p.dw.com/p/O6Wy
US-Soldaten unter Beschuss in der südafghanischen Provinz Helmand (Foto:dpa)
US-Soldaten unter Beschuss in der südafghanischen Provinz HelmandBild: picture-alliance/ dpa

Nach Angaben eines NATO-Sprechers der internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan wurden allein im Juni dieses Jahres 81 ausländische Soldaten bei Kampfeinsätzen getötet. Zwölf Soldaten seien auf andere Weise ums Leben gekommen sein. Weitere sieben seien ihren Verletzungen erlegen, nachdem sie zur Behandlung außer Landes gebracht worden waren. Damit ist der Juni 2010 der verlustreichste Monat für die ISAF seit Beginn der Invasion in Afghanistan Ende 2001. Der bis dahin tödlichste Monat für die US-geführten NATO-Truppen war der August 2009 mit 77 getöteten Soldaten.

Weitere Verschärfung befüchtet

US-General David Petraeus (Foto:ap)
US-General David PetraeusBild: AP

NATO-General David Petraeus, der in Kürze die Nachfolge von Stanley McChrystal als Oberbefehlshaber der ISAF in Afghanistan übernehmen wird, glaubt, dass sich die Gefechte am Hindukusch in den kommenden Monaten weiter verschärfen werden. "Wir beobachten inmitten der komplizierten Kämpfe in Afghanistan zwar Fortschritte in einigen Gebieten", sagte Petraeus bei einer Anhörung vor dem Verteidigungsausschuss des US-Senats. Ein Ende der "rauen Gefechte" sei jedoch nicht in Sicht, zumal die ISAF bereits angekündigt hatte, in Zukunft schärfer gegen die Taliban vorzugehen.

Erfolge sieht Petraeus vor allem in der südlichen Unruheprovinz Helmand, auch wenn es insgesamt noch Jahre dauern werde, bis die afghanischen Kräfte in der Lage seien, selber für Sicherheit zu sorgen. Daher, sagte Petraeus, habe er auch wenig Hoffnung auf ein baldiges Ende des Einsatzes: "Das Engagement in Afghanistan wird weiter andauern." Zugleich unterstützte er aber den von US-Präsident Barack Obama angestrebten Beginn des Truppenabzugs im Juli 2011.

Überraschungsangriff in Ostafghanistan

US-Kampfhubschrauber über Afghanistan (Foto:ap)
US-Kampfhubschrauber über AfghanistanBild: AP

In der ostafghanischen Grenzprovinz Kunar hat die ISAF am Sonntag (27.06.2010) einen überraschenden Militäreinsatz gegen die Taliban gestartet. Der US-Zeitung "Washington Post" zufolge hätten rund 700 US-amerikanische und afghanische Soldaten Stellungen der Extremisten mit Blackhawk-Hubschraubern angegriffen. Dem Zeitungsbericht zufolge wollten die ISAF-Truppen mit der Offensive den Zustrom von Taliban im Grenzgebiet zu Pakistan stoppen und so eine zweite Front in Ostafghanistan verhindern, nachdem schon im Süden des Landes seit Monaten zwischen ISAF und Taliban heftig gekämpft wird. Bei der jüngsten Offensive in Kunar sollen bis zu 150 Aufständische und zwei US-Soldaten getötet worden sein. Der Einsatz soll US-Vertretern zufolge "einer der heftigsten Kämpfe des vergangenen Jahres" in Afghanistan gewesen sein.

Gegenschlag der Taliban

Die Nachschubrouten der NATO sind ein Hauptangriffsziel der Taliban (Foto:ap)
Die Nachschubrouten der NATO sind ein Hauptangriffsziel der TalibanBild: AP

Ungeachtet der Offensive vom Wochenende hat ein Selbstmordkommando der Taliban am Mittwoch (30.06.2010) einen von der NATO betriebenen Flughafen in der ostafghanischen Provinz Nangarhar angegriffen und dabei mindestens vier Sicherheitskräfte verletzt. Dabei soll sich mindestens einer der Angreifer vor dem Flughafen in der Provinzhauptstadt Dschalalabad in die Luft gesprengt haben. Anschließend hätten mehrere mit Sturmgewehren und Panzerabwehrraketen bewaffnete Aufständische versucht, auf das Gelände vorzudringen. Afghanische und ausländische Truppen hätten den Angriff jedoch zurückgeschlagen. Insgesamt seien acht Extremisten bei den heftigen Gefechten ums Leben gekommen, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul mit.

Autor: Thomas Latschan (ap, afp, dpa, rtr)

Redaktion: Thomas Kohlmann