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Aufstieg eines Außenseiters

28. Januar 2007

Das Leben von Joseph Kony, Chef der ugandischen Miliz Lord's Resistance Army, ist Gegenstand blutiger Legenden. Das Weltbild des Warlords ist geprägt von religiösen Wahnvorstellungen und amerikanischen Actionfilmen.

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Milizenführer Joseph Kony (Quelle: AP Photo/Stuart Price, Pool)
Zum Töten braucht man keine Bildung - Analphabet Joseph KonyBild: AP

"Ich bin rein. Alle anderen sind unrein. Ich werde keine Menschen töten. Ich werde nur böse Menschen töten." Worte von Joseph Kony, Gründer und Führer der ugandischen Rebellengruppe Lord’s Resistance Army (LRA). Was ist das für ein Mensch, der sich selber als Geistermedium, als Gebieter und Befreier bezeichnet?

Als Jugendlicher ist Joseph Kony klein, mager und unscheinbar. Im Dorf Odek in Uganda, in dem er 1961 zur Welt kommt, lächelt man über den Außenseiter. Stundenlang sitzt er im großen Mangobaum seiner Eltern oder geht lange grübelnd spazieren. Außer als Ministrant in der Kirche, weiß die Dorfgemeinde keine Verwendung für Kony. Die Schule bricht er ab, er bleibt Analphabet. Als Kony eines Tages verschwindet, feiert seine Familie mit dem ganzen Dorf ein Freudenfest. Wären die Gründe für sein Weglaufen bekannt gewesen, wäre das Fest wahrscheinlich nicht so fröhlich ausgefallen.

"Ich komme, um euch von den Teufeln zu befreien"

Ende der Achtziger Jahre setzt sich der damals 28-jährige Kony an die Spitze der Lord’s Resistance Army, der "Widerstandsarmee des Herrn", im Acholi-Land, die gegen die Museveni-Regierung vorgeht. Wie es dort zuging, erzählt die ehemalige Kindersoldatin Hope in "Das Mädchen und der Krieg" von Sönke C. Weiss. Hope erinnert sich an ihre Zeit bei der LRA: Kony sieht sich als Nachfolger seiner Tante Alice Lakwena, die als selbst ernannte Acholi-Priesterin ihre "Holy Spirit Army" in den Tod geführt hatte. Etwas Größeres, glaubt er, habe von ihm Besitz ergriffen. Er sei der Auserwählte, der Prophet. "Keiner darf im Kampf neben mir gehen, weil ihn sonst die Kugeln treffen, die von mir abprallen", warnt Kony seine Rebellen. Die genauen Fundamente seines Glaubens bleiben allerdings unklar. Eine Mischung aus christlichen, islamischen und traditionell afrikanischen Elementen leitet sein Handeln. Nach Berichten von Augenzeugen benutzen die LRA-Soldaten zum Beten Rosenkränze wie die Christen, verbeugen sich aber nach Mekka wie die Muslime. Kony befolgt einerseits die Zehn Gebote, toleriert aber auch die Polygamie. Er selbst hat 27 Frauen und 42 Kinder.

"Wer kein Rebell ist, hat keine Rechte"

Joseph Konys vorgebliches Ziel ist die Errichtung eines Gottesstaates auf alttestamentlichen Grundlagen. "Uns gehört Uganda. Wer mit der Regierung zusammenarbeitet, ist böse und vom Teufel besessen. Er muss getötet werden. Nur wer den Teufel bekämpft, kommt in den Himmel." Während der Lagebesprechungen schaut der Warlord Action-Videos mit Jean-Claude Van Damme oder Silvester Stallone. Sein Lieblingsfilm ist Rambo – für Kony die ultimative Mischung aus Spiritualität und Kraft. Vor jeden Angriff probt er den genauen Ablauf mit Spielzeughubschraubern und Plastiksoldaten, die er dabei auch in Brand steckt. Aber eigentlich glaubt er an eine stille, archaische Welt. "Es wird dann keine Waffen mehr geben. Nur wer weiß, wie er sich mit Macheten, Steinen und den bloßen Händen verteidigen kann, wird überleben." Auch in Joseph Konys Utopie scheint kein Frieden zu herrschen.

Christina Wolf, Studiengang Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt