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Politik

Bloß weg - aber nicht nach Europa

18. Dezember 2017

Noch nie waren so viele Menschen weltweit unterwegs, in der Hoffnung auf Jobs und Sicherheit. Viele kommen nach Europa, doch die meisten haben andere Ziele. Die DW zeigt drei Beispiele - und die Gefahren, die lauern.

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Mexiko Migranten
Per Zug Richtung Norden: Migranten in Mexiko Bild: picture alliance/dpa/Str

Immer mehr Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie sich ein besseres Leben für sich und ihre Familie wünschen, oder weil sie vor Unruhen, Unterdrückung und Verfolgung flüchten müssen. Nach Schätzung der Vereinten Nationen leben weltweit rund 244 Millionen Menschen nicht mehr in dem Land, in dem sie geboren wurden.

Damit ist die Zahl der Migranten deutlich gestiegen - 1990 waren es noch rund 153 Millionen Menschen. Bald könnten es sogar noch mehr werden: Nach einer Umfrage der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die in 160 Staaten durchgeführt wurde, bereiten rund 23 Millionen ihre Auswanderung vor.

Reisen in der Nacht: Ostafrika

Uganda Flüchtlinge aus dem Südsudan
Land für jeden in Uganda: Eine geflüchtete Frau aus dem Südsudan baut sich eine neue Zukunft auf Bild: DW/D. Pelz

Auch wenn manch einer das Gegenteil vermuten würde: Die meisten Migranten sind nicht auf dem Weg nach Europa. Etwa 90 Prozent aller Flüchtlinge leben laut der Hilfsorganisation Brot für die Welt in Entwicklungsländern, sehr häufig in afrikanischen Staaten. Meist bewegen sie sich als Binnenflüchtlinge im eigenen Land oder retten sich in den Nachbarstaat. Für weitere Reisen fehlt das Geld.

Viele Menschen suchen zum Beispiel Schutz in Äthiopien. Das Land liegt auf Rang 5 der Länder, die global am meisten Flüchtlinge aufnehmen, vor allem aus dem benachbarten Somalia. Seit Anfang der 1990er Jahre herrscht in Somalia Bürgerkrieg. Nach UN-Angaben sind fast sieben Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, 800.000 von Hunger bedroht. Mehr als eine Million Menschen sind mittlerweile geflohen, neben Äthiopien auch in das ebenfalls benachbarte Kenia, in dem das weltweit größte Flüchtlingscamp steht.

Ebenfalls in Ostafrika liegt Uganda. Das Land ist wegen seiner großzügigen Flüchtlingspolitik äußerst beliebt bei Menschen aus der Demokratischen  Republik Kongo und dem Südsudan - Länder, die von Bürgerkrieg und Unruhen erschüttert werden. Flüchtlinge bekommen in Uganda ein Stück Land, das sie selbst bewirtschaften können. Doch die Flucht aus dem Südsudan ist äußerst gefährlich. Aus Angst auf Soldaten zu treffen, reisen viele vor allem nachts. "Jede Nacht beteten wir, dass wir Uganda lebendig erreichen", erzählt eine Frau in einem Report der Hilfsorganisation "Care" vom Juli 2017.

Am Ufer wartet der Tod: Mittelamerika

Mexiko Migranten
Ein junger Mann rasiert sich in einer Herberge in Mexiko: Trotz der Gefahren wollen viele Richtung USA Bild: picture alliance/NOTIMEX/C. Pacheco

Spätestens seit US-Präsident Donald Trump den Weiterbau einer Mauer entlang der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze gefordert hat, steht die Migration auf dem amerikanischen Kontinent wieder im Fokus. Wie viele Menschen letztendlich die Grenze Jahr für Jahr überqueren, ist unklar. In den USA leben laut Schätzungen des Migration Policy Institutes etwa elf Millionen Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung, die Hälfte von ihnen stammt aus Mexiko.

Viele Menschen nutzen Mexiko als Transitland, sie kommen ursprünglich aus El Salvador, Guatemala und Honduras. Flohen bis 2010 vor allem junge Männer gen Norden, sind nun laut Amnesty International auch ganze Familien unterwegs, um der Gewalt durch kriminelle Banden in ihren Heimatländern zu entkommen. Wenn sie keinen Schlepper für ihren Weg durch Mexiko bezahlen können, werden sie schnell zum leichten Opfer für das organisierte Verbrechen: Kartelle patrouillieren am grenznahen Flussufer und schlagen unbarmherzig zu - sie töten zur Abschreckung. Genaue Zahlen zu den Morden gibt es nicht, doch immer wieder werden Massengräber gefunden, die auf ein solches Schicksal hinweisen.

Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) schon mehr als 340 Menschen nahe der Grenze zu Tode gekommen sein: Wer nicht von Banden ermordet wurde, ertrank möglicherweise beim Versuch, einen Fluss zu durchqueren. Manch einer wurde auch von Schlangen oder Skorpionen gebissen oder verdurstete in der sengenden Hitze. Vielfach bleibt die Todesursache ungeklärt. Immer wieder werden menschliche Überreste gefunden, zum Beispiel in den kargen Bergen im Süden des US-Staates Arizona.

Hilflos auf dem Meer: Südostasien

Bangladesch Rohingya-Muslime in einem Boot
Geflüchtete Rohingya auf einem Boot: Schleuser gehen äußerst brutal vor Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/Zakir Hossain Chowdhury

Flüchtlingsboote gibt es nicht nur im Mittelmeer, sondern auch in Südostasien. Aus Myanmar und Bangladesch versuchen immer mehr Menschen, Richtung Thailand, Malaysia und Indonesien zu flüchten. Die Mehrheit sind Rohingya, eine muslimische Minderheit, die im mehrheitlich buddhistischen Myanmar verfolgt, gefoltert und unterdrückt wird. Seit Mitte des Jahres flüchteten schon Hunderttausende nach Bangladesch. Mehrfach trieben Menschen auf ihren Booten wochenlang im Meer, weil die umliegenden Staaten die Flüchtlinge zwar mit Treibstoff, Wasser und Nahrung versorgten - sich aber weigerten, sie aufzunehmen.

Die Flüchtlingsroute über den Golf von Bengalen ist mittlerweile auch für viele Schleuser wirtschaftlich interessant geworden. Zehntausende Flüchtlinge greifen jedes Jahr auf ihre Hilfe zurück. Nach Angaben der Stiftung Asienhaus gehen die Schleuser äußerst brutal vor. Sie sollen Flüchtlinge gegen Lösegeldforderungen im Dschungel festgehalten oder sie auf den Booten gequält haben. Wer nach Wasser oder Nahrung während der Überfahrt verlangte, soll geschlagen worden sein.

Die Überfahrt kann tödlich enden: Über 200 Massengräber wurden in der Nähe der Lager an der Grenze zwischen Thailand und Malaysia gefunden. Doch bleiben ist zumindest für die Rohingya keine Option. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen gab jetzt bekannt, dass allein zwischen Ende August und Ende September in Myanmar rund 6700 Angehörige der Minderheit getötet wurden - darunter auch viele Kinder.

Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft