1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Blinde Kuh ...

Eckhard Tollkühn9. Dezember 2002

Der Irak hat seine ABC-Waffenliste vorgelegt. Aber längst ist durchgesickert, dass die USA nicht nur die Liste, sondern auch die Waffeninspekteure für überflüssig halten, schreibt DWTV-Korrespondent Eckhard Tollkühn.

https://p.dw.com/p/2ybG

Offiziell will Washington Saddam Hussein mit den Inspektionen eine letzte Chance geben. Offiziell will Washington auch Hans Blix eine reelle Chance geben, die Inspektionen zum Erfolg zu führen. Doch hinter der offiziellen Staatsfassade wird der schwedische Chefinspektor kritisiert wie ein Schiedsrichter, den man schon vor dem Spiel verteufelt, nur weil man früher mal schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht hat.

"You’re damned if you do you’re damned if you don’t", wird sich der 73jährige Blix denken. Wie man’s macht, macht man’s falsch. Die Iraki werfen ihm Spionage für Amerikaner und Israelis vor. Und Washington hält ihn für zu zahm, zu diplomatisch, um Saddam Hussein die Zähne zu zeigen. Nur wenige Tage nach Beginn der jüngsten Waffenkontrollen fand Präsident Bush die Arbeit der Inspekteure "wenig ermutigend".

Richard Perle, einflussreicher Alt-Falke im Pentagon, macht keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen Blix: "Der hat sich Anfang der 90er Jahre als Inspektor voll von Saddam austricksen lassen." Die Amerikaner stehen mit ihrer Kritik nicht allein da.

UN-Generalsekretär Kofi Annans erste Wahl für den Chefinspektorposten war Blixes Landsmann Rolf Ekeus, der erste UN-Chefinspektor im Irak. Gegen den legten Russland und Frankreich ihr Veto ein. Er galt as hart, Franzosen und Russen fürchteten eine vorzeitige Konfrontation mit dem Regime in Bagdad. Auch Ekeus wirft seinem Kollegen vor als ehemaliger Chef der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien und später als UN-Waffenspürhund zu diplomatisch mit Saddam Hussein umgegangen zu sein.

Dass die USA die Nominierung nicht offiziell angeprangert haben, liegt wohl nur daran, dass sie die Waffeninspektionen nur als Feigenblatt für ihre Kriegsabsichten sehen. Der Bush-Regierung ist letztlich egal, wer die Inspektionen leitet. Für sie steht fest, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitzt und diese weiter versteckt halten wird.

Der Kritik amerikanischer Falken an seiner Kompetenz hält Hans Blix entgegen, die USA täten gut daran, sich an die eigenen Zusagen zu halten. So warte man immer noch auf die zugesagte nachrichtendienstliche Unterstützung aus den USA. Jetzt will Deutschland in die Bresche springen und Hilfe bei der Luftaufklärung leisten, die eigentlich vom Pentagon versprochen war.

Wie immer man den verantwortlichen Chefinspektor einschätzen mag. Hans Blix ist der Mann, dessen Arbeit über Krieg und Frieden entscheiden kann. Seine Aufgabe ist eine schwere Gratwanderung zwischen ehrlichem Makler und Provokateur. Konventionelle Diplomatie ist jetzt fehl am Platz. Die Inspektoren müssen sich hart und rigoros Zutritt zu allen Orten verschaffen, in denen sie verdächtiges Material vermuten. Nur so haben die Kontrollen einen Sinn und sind eine echte Alternative zum Krieg. Nur so ist Washington vom Ziel eines Machtwechsels in Bagdad abzubringen.