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Gesellschaft

Bischöfe gehen auf Wiederverheiratete zu

1. Februar 2017

Der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen ist ein heikles Thema in der katholischen Kirche. Denn das Bild von Ehe und Familie hat sich geändert. Dem tragen nun die deutschen Bischöfe Rechnung, wenn auch vorsichtig.

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Kuba Frau erhält ihre Kommunion (Getty Images)
Bild: Getty Images/J. Raedle

Die katholische Kirche in Deutschland will wiederverheiratete Geschiedene in begründeten Einzelfällen zur Kommunion zulassen. Allerdings gebe es in dieser Frage keine allgemeine Regelung und keinen Automatismus in Richtung einer generellen Zulassung zu den Sakramenten, heißt es in einer Erklärung der deutschen Bischöfe zur Ehe- und Familienseelsorge.

Sie reagieren damit auf das Schreiben "Amoris laetitia" (Die Freude der Liebe), das Papst Franziskus im April 2016 veröffentlicht hat. Mit Blick auf das päpstliche Schreiben betont die Bischofskonferenz nun, dieses bleibe nicht beim "kategorischen und irreversiblen Ausschluss von den Sakramenten stehen". Der Papst habe vielmehr die Bedeutung der Gewissensentscheidung unterstrichen. Der Prozess der Entscheidungsfindung sollte von einem Seelsorger begleitet werden.

Mehr Realismus

In "Amoris laetitia" hatte der Papst konkrete Vorgaben für eine Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion vermieden. Er forderte die katholische Kirche aber zu mehr Realismus im Umgang mit Familien auf. Generell müsse den Gläubigen mehr Raum für Gewissensentscheidungen gegeben werden. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hatte die deutschen Bischöfe daraufhin aufgefordert, bei der Kommunion für Geschiedene und Wiederverheiratete auf Einzelfallentscheidungen der örtlichen Pfarrer zu setzen.

Mit Spannung war erwartet worden, wie sich die deutschen Bischöfe zu dem päpstlichen Schreiben stellen. Bislang werden Geschiedene nach einer Wiederheirat zusammen mit ihrem neuen Partner in der Regel nicht zum Sakrament der Eucharistie und der Buße zugelassen, weil sie sich nach offizieller katholischer Lehre im Zustand der Sünde befinden. Hintergrund ist die auf das Neue Testament zurückgehende Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe.

Differenzierte Lösungen nötig

Im Text der Bischöfe heißt es jetzt, "in Lebenssituationen, die oft genug als aufreibend und belastend erlebt werden, sollen die Betroffenen erfahren können, dass ihre Kirche sie nicht fallen lässt". Im Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen müsse deutlich werden, dass sie zur Kirche gehören und "Gott ihnen seine Liebe nicht entzieht".

Nicht alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen sei und die zivil geschieden und wiederverheiratet seien, könnten "ohne Unterscheidung die Sakramente empfangen", wird in dem Papier betont. Erforderlich seien vielmehr "differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden und dann zum Tragen kommen, wenn die Ehe nicht annulliert werden kann". Die Bischöfe ermutigen bei der Gewissensfindung für einen Mittelweg zwischen "Laxismus" und einer "rigoristischen Haltung", die Menschen verurteilt.

Heftiger Gegenwind

Konservative Bischöfe haben gewarnt, eine Freigabe der Sakramente stelle die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe infrage, weitere konservative Katholiken sehen gar die gesamte Lehre und Einheit der Kirche in Gefahr. Die deutschen Kardinäle Joachim Meisner und Walter Brandmüller stellten sich ausdrücklich gegen den vom Papst eingeschlagenen Kurs. Zusammen mit zwei weiteren Kardinälen aus Italien und den USA forderten sie Franziskus im vergangenen Herbst zu einer Klärung angeblich mehrdeutiger Passagen auf.

Franziskus selbst hat bisher nicht direkt auf Forderungen reagiert, sein Schreiben zu präzisieren und eine eindeutige und einheitliche Regelung für alle festzuschreiben. Mehrfach betonte er, es sei wichtig, die Einzelfälle genau zu unterscheiden. Auch deutete er an, er wolle den nationalen Bischofskonferenzen mehr Freiräume lassen, um Regelungen zu finden, die so gut wie möglich die jeweilige Situation in ihren Ländern berücksichtigen. Seitdem hat es in verschiedenen Ländern unterschiedlich weit gefasste Auslegungen des Schreibens gegeben.

kle/pab (dpa, epd, kna)