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Birmas Regierung verhandelt mit Kachin

18. Januar 2012

Birmas Aussöhnungskurs mit den Minderheiten wird derzeit im Norden auf die Probe gestellt. Trotz jüngster Kampfhandlungen und Flüchtlingsströmen werden Verhandlungen mit den Kachin-Rebellen weitergeführt.

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Kinder der Minderheit der Kachin vor einer katholischen Kirche in Birma (Foto: AP)
Viele Angehörige der Minderheit der Kachin sind ChristenBild: AP

Im Zuge ihrer demonstrativen Demokratisierungsbemühungen hat die Regierung in Birma eine weitere Friedensinitiative gestartet. Eine Delegation reiste am Mittwoch (18.01.2012) in die chinesische Grenzstadt Ruili, um dort mit Rebellen der Kachin-Minderheit über ein Ende der Kämpfe zu verhandeln. "Wir versuchen, eine Vereinbarung zu erzielen", sagte der Unterhändler der Regierung, Aung Thaung, vor Ort zu Reportern. Am Freitag (20.01.2012) hieß es, beide Seiten wollten ihre Verhandlungen auf politischem Wege weiterführen.

Eine Offensive der birmanischen Armee gegen die Kachin an der Grenze zu China hat nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen seit Juni 60.000 Menschen vertrieben. "Die Menschen leben in Angst wegen der massiven Militärpräsenz, der Kämpfe und der Menschenrechtsverletzungen", teilte die Kachin Unabhängigkeitsorganisation (KIO) mit.

Keine Angriffe auf Minderheiten mehr

In einem weiteren Schritt der Öffnung des Landes hat Birmas Präsident Thein Sein der Armee befohlen, Angriffe auf ethnische Minderheiten einzustellen. Der Minister für Einwanderung und Bevölkerung, Khin Yi, sagte der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag, der Staatschef habe diesen Befehl einen Tag nach Abschluss des Waffenstillstands der Regierung mit der wichtigsten Rebellengruppe der ethnischen Minderheit der Karen ausgegeben. Der Befehl gelte "für das ganze Land". Die Waffenruhe mit der Karen National Union (KNU) war am Donnerstag geschlossen worden.

Bereits im Dezember hatte Thein Sein das birmanische Militär aufgefordert, Vertreter der im Norden lebenden Kachin-Minderheit nicht mehr zu attackieren, die Kämpfe hielten jedoch an. "Manchmal erreicht der Befehl nicht die Basis", sagte Khin Yi dazu. Immer wieder seien Gruppen zufällig aufeinander getroffen und dann habe es wieder Schusswechsel gegeben. Die Verantwortung für die anhaltenden Kämpfe trügen daher "beide Seiten", sagte er.

Dauerkonflikt mit Minderheiten

Vertreter der Regierung und der Karen-Minderheit feiern den Waffenstillstand (Foto: AP)
Vertreter der Regierung und der Karen-Minderheit feiern den WaffenstillstandBild: dapd

Seit Birmas Unabhängigkeit im Jahr 1948 ist die Beziehung der ethnischen Minderheiten zur Zentralregierung von Konflikten und Kämpfen geprägt, durch die zehntausende Menschen vertrieben und ganze Dörfer zerstört wurden. Bewaffnete Gruppen kämpfen seit Jahrzehnten für mehr soziale und politische Rechte. Rund ein Drittel der 50 Millionen Einwohner gehört ethnischen Minderheiten an.

Nach den Wahlen im November 2010 ist die Militärjunta durch eine dem Militär nahe stehende zivile Regierung ersetzt worden. Sie hat eine Aussöhnung mit den zahlreichen Minderheiten in Aussicht gestellt. Dazu unterzeichnete sie bereits Abkommen mit den Shan, den Chin und den Karen. Die Aussöhnung mit den Minderheiten ist auch eine der zentralen Forderungen von internationaler Seite.

Suu Kyi kandidiert

Am Mittwoch reichte die birmanische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi ihre Kandidatur für die Nachwahl zum Parlament am 1. April ein. Rund 100 Mitglieder ihrer Partei "Nationalliga für Demokratie" (NLD) hätten die 66-jährige Politikerin begeistert vor dem Büro der Wahlkommission im Ranguner Vorort Thanlyan begrüßt, berichteten Augenzeugen. Die Friedensnobelpreisträgerin tritt in dem Wahlkreis Kawhmu bei Rangun an.

Ein Berater der birmanischen Präsidentschaft hatte Suu Kyi für den Fall ihrer Wahl zur Abgeordneten ein "angemessenes" Regierungsamt in Aussicht gestellt. Nach der Parlamentswahl im November 2010 hat die Militärregierung in Birma eine vorsichtige Reform des politischen Systems eingeleitet. Direkt nach der Wahl ließ sie Suu Kyi aus ihrem jahrelangen Hausarrest frei, bevor sie ihre Macht formell an die Zivilregierung unter Präsident Thein Sein abgab.

Die 66-Jährige galt unter der bis März 2011 regierenden Militärjunta lange Jahre als Staatsfeind Nummer eins. Thein Sein, der seine Generalsuniform vor der Wahl an den Nagel gehängt hatte, ging nach seiner Ernennung zum Präsidenten auf Suu Kyi zu und ebnete der NLD den Weg zurück in die Politik.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Marion Linnenbrink/Hans Spross