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Bildergeschichten (19)

Tillmann Bendikowski 26. September 2012

Die Germanen kommen! 1909: In Detmold wird ein historischer Sieg gefeiert.

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D, Teutoburger Wald: Festzug in Detmold zur 1900-Jahrfeier der Schlacht im Teutoburger Wald, Germanen in Uniform - 1909 - 01.06.1909 ullstein bild
Bild: ullstein

Ob sich diese Männer wirklich freiwillig aussuchen konnten, wie sie sich verkleiden? Wir dürfen vermuten, dass bei diesem historischen Spektakel alle gerne als "Germanen" gegangen wären; die schauen zwar ziemlich grimmig drein, spielen aber die Sieger: Dieser Festumzug im Jahr 1909 soll an die "Schlacht im Teutoburger Wald" erinnern, in der 1.900 Jahre zuvor die Germanen die Römer besiegten. Deshalb treiben bei dieser festlichen Maskerade die bewaffneten "Germanen" die gefangenen "Römer" (samt den kümmerlichen Resten ihrer Ausrüstung) über das harte Kopfsteinpflaster.

Dass dieser Festumzug durch das ostwestfälische Provinzstädtchen Detmold führt, liegt an dem nahen Hermannsdenkmal, das als nationale Erinnerungsstätte dient: Im Jahr 9 n. Chr. lockten germanische Stämme unter Führung des legendären Arminius die riesige römische Streitmacht des unglücklichen Feldherrn Varus erfolgreich in einen Hinterhalt. Diese Schlacht wurde im kollektiven Gedächtnis der Deutschen schließlich zum Gründungsakt deutscher Freiheit stilisiert: Hier habe sich das unbeugsame und freiheitsliebende Germanien gegen die Besatzer erhoben und gesiegt. Dass es den Stämmen und ihren Führern an jeglicher Vorstellung von einem wie auch immer gearteten "Germanien" fehlte und von diesem Ereignis keineswegs ein direkter Weg in die neuere deutsche Nationalgeschichte führt – das alles war der Nachwelt ziemlich egal.

Auch die Germanenfreunde in Detmold sind von historischen Zweifeln völlig frei. 900 von ihnen haben sich in vermeintlich historische Kostüme gewandet, 200 Pferde und Zugtiere sind mit von der Partie. "Festlich geschmückte Frauen", so heißt es in der Festzeitschrift, "bringen den Kriegern in irdenen Töpfen und Hörner Met entgegen – und noch bis in die Nacht hinein feiert ein stolzes Ostwestfalen den Sieg über das römische Weltreich. Der historische Ort dieser Schlacht wurde übrigens erst fast 100 Jahre später gefunden: Er liegt vermutlich gar nicht im Teutoburger Wald, sondern nahe dem Flecken Kalkriese bei Osnabrück – im Wiehengebirge.