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Bilder, die bleiben

27. Mai 2009

Wie viele Menschen bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Juni 1989 getötet wurden, ist bis heute unklar. Aber die Bilder des brutalen Vorgehens gegen die Demonstranten lösten weltweit Entsetzen aus.

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Demokratiebewegung gegen Staatsmacht auf dem Tiananmen-Platz im Juni 1989Bild: AP
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Damals Staatsgast in Peking: Michail GorbatschowBild: AP

Als im Juni 1989 auf dem Platz des himmlischen Friedens die Panzer rollten, geschah dies vor den Augen der Welt. Eigentlich hatten damals nur wenige Sender feste Korrespondenten in Peking. Trotzdem war die Stadt voller Journalisten. Die Weltpresse war angereist, um über einen historischen Besuch zu berichten. Denn im Mai 1989 kam mit Michail Gorbatschow zum ersten Mal seit 30 Jahren ein sowjetischer Staatschef nach China. "Doch die haben sehr schnell gemerkt, dass es zwar nett ist, über Gorbatschow zu berichten," erklärt Sven Hansen, Asien-Spezialist der Berliner Tageszeitung "taz", "dass aber die eigentliche Geschichte gerade direkt vor Ort spielte." Und so blieben nach der Abreise Gorbatschows viele der Journalisten in Peking.

Wochenlange Demonstrationen

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Protestierende Chinesen auf dem Platz des Himmlischen FriedensBild: AP

Seit Wochen besetzten dort chinesische Studenten den Platz des Himmlischen Friedens. Sie demonstrieren gegen die Willkür der Parteifunktionäre, gegen Korruption und fehlende Rechtsstaatlichkeit und für demokratische Reformen. Als die chinesische Regierung am 4. Juni die Proteste blutig niederschlug, gingen die ausländischen Journalisten live auf Sendung.

"Dass die chinesische Führung so hart gegen Oppositionelle vorging, war nichts neues in der Geschichte des Landes," erklärt Eberhard Sandschneider, China-Experte der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik": "Die Volksbefreiungsarmee hat immer auf Menschen geschossen, wenn die politische Führung der kommunistischen Partei in Gefahr war. Was neu war, ist, dass sich dieses Ereignis vor den laufenden Kameras der versammelten Weltpresse abgespielt hat."

Bilder, die die Haltung des Westens verändern

Tiefe Nacht in Peking, das bedeutete Prime-Time in den Vereinigten Staaten. Zur "besten Sendezeit" gingen die Bilder um die Welt: Bilder von getöteten oder schwer verletzten Studenten. Bilder von zerstörten Fahrrädern – überrollt von den Panzern der Volksbefreiungsarmee. Und nicht zuletzt DAS prägendste Bild überhaupt: der Mann mit einer Einkaufstüte, der sich der fahrenden Panzerkolonne entgegenstellt.

China Bildgalerie Peking Tiananmen Jahrestag 5 Juni 1989 Mann vor Panzer
Ein Bild wird zum Symbol für die gesamten EreignisseBild: AP

Und der Westen reagiert: China wird auf dem internationalen Parkett zum unerwünschten Gesprächspartner. Die Europäische Union verhängt ein Waffenembargo, viele Staaten Wirtschaftssanktionen. Doch waren die international nur schwer durchzusetzen, erzählt Eberhard Sandschneider: "Als die Europäer endlich begonnen haben, sich Gedanken zu machen über die Sanktionen, die sie erlassen können, waren die japanischen Unternehmen schon wieder zurückgekehrt – und das nur wenige Wochen nach dem Massaker."

Im Oktober 1990 – gut ein Jahr nach der Niederschlagung – hebt auch die Europäische Gemeinschaft ihre Wirtschaftssanktionen wieder auf. Der Westen muss feststellen, dass sich ein wirtschaftlich immer stärker werdendes Land wie China nur schwer sanktionieren lässt. Immerhin: Auch zwanzig Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung besteht das Waffenembargo der Europäischen Union weiter - obwohl China seit Jahren auf Abschaffung drängt.

Menschenrechte im Vordergrund

Tiananmen - Gedenktag in China
Chinas Staatsmacht zeigt PräsenzBild: AP

Wie lebendig ist die Erinnerung an das Massaker im Westen heute noch – zwanzig Jahre später? Unter China-Beobachtern ist das umstritten. Einige glauben, dass das Ereignis zunehmend in Vergessenheit gerät. Für Sven Hansen von der "taz" aber steht fest: Durch das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens hat sich die westliche Wahrnehmung Chinas grundlegend verändert. Bis 1989 habe sich im Westen eigentlich keiner für Menschenrechte in China interessiert. "Seit 1989", sagt Hansen, "reden aber alle über Menschenrechte in China."

Autor: Philipp Bilsky
Redaktion: Thomas Latschan