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Münchner Sicherheitskonferenz beendet

7. Februar 2010

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist am Sonntag zu Ende gegangen. Gemäß ihrem langjährigen Motto "Frieden durch Gespräch" war sie in vielerlei Hinsicht wegweisend. Beschlüsse gab es dort aber traditionell keine.

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Verteidigungsminister zu Guttenberg und Nato-Generalsekretär Rasmussen (Foto: dpa)
Intensive Gespräche, aber keine Beschlüsse auf der Münchner KonferenzBild: picture alliance / dpa

Organisator Wolfgang Ischinger wertete das Treffen hochrangiger Teilnehmer aus aller Welt als Erfolg. Im Mittelpunkt der 46. Auflage im Münchner Hotel Bayerischer Hof standen nach seinen Worten die Strategie der NATO und die intensive Diskussion um die Möglichkeit einer Welt ohne Atomwaffen, die auch in den kommenden Jahren Thema sein werden.

Konferenzleiter Wolfgang Ischinger (rechts) und der chinesische Außenminister Yang Jiechi (Foto: AP)
Organisator Ischinger (rechts): 'Konferenz war erfolgreich'Bild: AP

"So wie wir eben die intensive Debatte um die Zukunft der NATO hatten - das ist genau die Art, wie ich mir die Konferenz auch in Zukunft vorstelle, sagte Ischinger kurz vor Ende der Konferenz am Sonntag (07.02.2010). Dass dabei die Meinungen der Teilnehmer teils sehr weit auseinandergingen, sei klar und gewollt. Eine internationale Gesprächskonferenz mit Teilnehmern ähnlicher Meinungen und zu Themen ohne Konfliktpotenzial sei wenig sinnvoll, so Ischinger weiter. Mehr als 300 Spitzenpolitiker, ranghohe Militärs, Wissenschaftler und Manager waren nach München gekommen. Rund 3700 Polizisten schützten die Veranstaltung und riegelten die Innenstadt rund um das Tagungshotel weiträumig ab.

Beherrschendes Thema: Atomstreit mit dem Iran

Im Streit um die iranische Urananreicherung sind Hoffnungen auf eine baldige Einigung gedämpft worden. Nachdem Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Bereitschaft angedeutet hatte, schwach angereichertes Uran im Ausland weiter anreichern zu lassen und das Verfahren unter internationale Kontrolle zu stellen, nannte sein Außenminister Manuchehr Mottaki in München neue Bedingungen. Der Westen reagierte ablehnend und kritisierte ein weiteres Spiel auf Zeit.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (Mitte) mit Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg und der EU-Außenministerin Catherine Ashton (Foto: AP)
Für weitere Sanktionen: Westerwelle (Mitte) und GuttenbergBild: AP

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) brachten wie auch andere Spitzenpolitiker weitere Sanktionen gegen den Iran ins Gespräch. Der einflussreiche US-Senator Joe Lieberman drohte dem Teheraner Regime sogar mit einem Militärschlag. Ahmadinedschad wies unterdessen die nationale Atomenergiebehörde seines Landes an, mit der Herstellung von hochangereichertem Uran zu beginnen.

Konferenzleiter Ischinger verteidigte die teils kritisierte hohe Aufmerksamkeit für Irans Außenminister Manuchehr Mottaki. "Es war doch wichtig, ihm zuzuhören", sagte Ischinger. Ebenso wichtig sei gewesen, zu klären, ob es einen Schritt in Richtung Einigung im Streit um die Atompolitik des Iran geben könne. Diese Hoffnung habe sich allerdings nicht erfüllt.

NATO will in Sicherheitsfragen weltweite Rolle spielen

Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (rechts) und NATO-Generalsekretaer Anders Fogh Rasmussen (Foto: AP)
NATO-Generalsekretär Rasmussen (links) will neue PartnerschaftenBild: AP

Das Bündnis aus 28 Mitgliedsstaaten will im November in Lissabon eine neue Strategie beschließen. Dabei geht es vor allem um die Frage nach den künftigen Hauptaufgaben der Militärallianz. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen plädiert dabei für neue Partnerschaften mit Ländern wie China, Indien und Pakistan. Die NATO müsse ein Forum für globale Sicherheitsfragen werden, wenn auch nicht weltweit militärisch aktiv. Guttenberg forderte mehr Effektivität und ein Ende der "Fensterreden". Die NATO müsse zwar weiter am Konsensprinzip festhalten, aber Einstimmigkeit sei nicht immer nötig.

EU soll Krisenmanagement verstärken

Der russische Außenminister Sergej Lawrow (links) und der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, James Jones (Foto: dpa)
Lawrow (links) kritisiert die Ausdehnung der NATOBild: picture alliance/dpa

Für die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union hält der deutsche Außenminister Westerwelle den Aufbau einer europäischen Armee unter voller parlamentarischer Kontrolle für wichtig. Die EU müsse eigenständig Krisenmanagement betreiben können und rasch, flexibel und im gemeinsamen Verbund handeln können. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die Ausdehnung des westlichen Militärbündnisses. Zugleich beklagte er, dass in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges noch immer ein "Block-Denken" herrsche. Zugleich bekräftigte er die Forderung Moskaus nach einer neuer Sicherheitsarchitektur in Europa.

Stärkeres Engagement in Afghanistan

Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg begrüßt in München Afghanistans Präsident Hamid Karsai (Foto: AP)
Karsai: 'Krieg gegen die Taliban nicht in den Dörfern führen'Bild: AP

Die derzeit 85.000 Soldaten zählende ISAF soll in den kommenden Monaten auf rund 110.000 erhöht werden. Unterdessen kündigte Afghanistans Präsident Hamid Karsai an, er wolle die Wehrpflicht in seinem Land wieder einführen. An die internationalen Truppen in seinem Land appellierte er, den Krieg gegen die Taliban nicht in den Dörfern zu führen, da es bei den Kämpfen immer wieder zivile Opfer gebe. Die Kämpfe sollten laut Karsai am besten in den Rückzugsgebieten und Ausbildungslagern der Taliban geführt werden.

Belastete Beziehungen zwischen Washington und Peking

Chinas Außenminister Yang Jiechi spricht am auf der 46. Münchner Sicherheitskonferenz (Foto: AP)
China kritisiert US-Waffenlieferungen an TaiwanBild: AP

Die diplomatischen Beziehungen zwischen China und den USA bleiben auch nach Gesprächen hoher Politiker beider Staaten bei der Sicherheitskonferenz belastet. Der chinesische Außenminister Yang Jiechi forderte die USA unmissverständlich auf, die Waffenlieferungen an Taiwan einzustellen.

Taiwan, aus chinesischer Sicht eine abtrünnige Provinz, soll Waffen im Wert von 6,4 Milliarden US-Dollar (4,6 Milliarden Euro) bekommen. Auch im Streit um Redefreiheit und Menschenrechte in China griff Yang die Regierung in Washington an.

Friedensbewegung: Neuer Umgang mit Kritik

Der Umgang mit Kritik bei der internationalen Sicherheitskonferenz im München hat sich nach Einschätzung der Friedensbewegung deutlich verändert. Es sei ein neuer Stil der Konferenzleitung im Umgang mit Kritikern spürbar, erklärte Thomas Mohr von der katholischen Bewegung Pax Christi. Der Psychologe nahm als Beobachter der Friedensbewegung an dem Treffen teil. "Natürlich hat sich die Konferenz allein durch meine Teilnahme nicht verändert", sagte Mohr. "Wahre Sicherheit" könne "nie gegeneinander, nur miteinander erreicht werden". Diesen Gedanken versuche die Friedensbewegung in die Konferenz einzubringen. Allerdings sei das Treffen von einem Grundvertrauen in Militär und Rüstung geprägt. "Als Pazifisten möchten wir ermutigen zu einem Grundvertrauen in Gewaltfreiheit und Verständigung, damit gemeinsame Regeln für eine faire Weltinnenpolitik entwickelt werden können." Zu einer friedlichen Protestdemonstration gegen die Konferenz kamen nach Angaben der Polizei am Samstag rund 2200 Menschen in die Münchner Innenstadt.

Autor: Manfred Böhm (dpa, AFP, epd)
Redaktion: Ursula Kissel