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Big Brother im Kaukasus

Christian F. Trippe 14. März 2002

Der Krieg in Tschetschenien wird nicht vom Militär geleitet, sondern vom Inlandsgeheimdienst FSB. Was das heißt, erlebte DW-TV-Korrespondent Christian F. Trippe im Kaukasus.

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Die Soldaten waren alle nett. Sehr nett sogar. Ganz gleich, ob wir auf Angehörige der regulären Streitkräfte trafen oder auf Einheiten des Innenministeriums: Interviews waren kein Problem, die Soldaten waren offen und hilfsbereit. Wir sind mit dem Kamerateam für DW-TV in Mosdok, in einer nordkaukasischen Kleinstadt, gleich vor der Grenze zum rebellischen Tschetschenien. Etappe eben. Erst als wir auf dem Bahnhof drehen wollen, gibt es Probleme. Militärischer Sicherheitsbereich – niemand will unsere Filmarbeiten genehmigen.

Eine Odysee beginnt. Erst zum Standortkommandanten, einem Major, der mehrere Jahre in der DDR gedient hat und sich freut, ein deutsches Fernsehteam zu treffen. Mit seinem Dienstwagen geht es zum militärischen Flughafen, dort waltet ein Offizier des KGB-Nachfolgers FSB seines Amtes. Der schickt uns wieder nach Mosdok, ins "zentrale Objekt" des FSB. Wir werden zum Chef geführt. Ein fast leeres Zimmer, riesiger Schreibtisch, zwei Telefone, Federschale.

Der Geheimdienstoffizier – Ende dreißig ist er und trägt zivil – nimmt unsere Personalien auf, fragt auch, in welchem Hotel wir wohnen, Zimmernummern inklusive. Nein entscheiden kann er auch nicht, er muß Rücksprache nehmen mit Moskau. Ich sehe mich in seinem Zimmer um. Die in grüner Wachsfarbe gestrichenen Wände zieren nur zwei Bilder, zwei Porträts: Jurij Andropow – legendärer KGB-Chef und Anfang der 80er Jahre KPdSU-Generalsekretär. Das andere Bild zeigt Felix Edmundowitsch Dserschinski – er baute nach der bolschewistischen Revolution den Geheimdienst auf, machte ihn zum zentralen Instrument der Unterdrückung in der Sowjetdiktatur. Wir sind alle froh, als wir das "Objekt" wieder verlassen haben. Ach ja: Die Drehgenehmigung gab es nicht, dafür zwei Aufpasser vom FSB, die uns am nächsten Tag begleiten. Mit den beiden im Schlepptau dürfen wir dann auch am Bahnhof drehen. Ein bißchen zumindest.