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Königin des Taraab ist gestorben

Andrea Schmidt18. April 2013

Fatuma binti Baraka, von ihren vielen Fans in Ostafrika und darüber hinaus Bi Kidude genannt, war die berühmteste Taraab-Sängerin Sansibars. Sie ist am 17.April 2013 hochbetagt in ihrer Heimat Sansibar gestorben.

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Bi Kidude (Foto: AFP/Getty Images)
Bi KidudeBild: Tony Karumba/AFP/Getty Images)

Ihr genaues Geburtsdatum kannte Fatuma binti Baraka alias Bi Kidude selbst nicht. Es muss etwa um 1910 gewesen sein, als die Tochter eines Kokosnuss-Verkäufers auf der Insel Sansibar geboren wurde. Auf ihr Alter angesprochen sagte sie "Ich kann nicht sagen, wie alt ich bin, aber bei meiner Geburt war die Rupie noch unsere Währung." Die indische Währung wurde in Ost-Afrika bis zum ersten Weltkrieg verwendet.

Bi Kidude hat der Taraab-Musik nicht nur ihre markante Stimme gegeben, sondern auch mit ihrer einzigartigen Bühnenpräsenz dem Taraab über die ostafrikanische Küstenregion hinaus ein Gesicht gegeben. Beliebt war sie trotz ihres hohen Alters bei Jung und Alt gleichermaßen.

Bi Kidude (Foto: Muhidin Issa Michuzi)
Die alte Dame des Taraab: Bi KidudeBild: Muhidin Issa Michuzi

Taraab – Mischung aus afrikanischer und arabischer Musik

Taraab ist Teil der Kisuaheli-Tradition: ein afrikanischer Musikstil mit arabischem und indischem Einfluss - kombiniert mit Geigen, Flöten, einer arabischen Art der Zither und einer Vielzahl von afrikanischen Trommeln. Der arabische Einfluss auf die Kisuaheli-Kultur ist groß, da Sansibar ehemals der Sitz des Sultans von Oman war und lange Zeit Hauptumschlagsplatz für Sklaven in die arabische Welt.

Schon in den 1920er Jahren sang Bi Kidude öffentlich bei kulturellen Veranstaltungen. Aufgewachsen in dem kleinen Dorf Mfagimaringo in Sansibar, war sie eine der ersten Sängerinnen auf dem ostafrikanischen Archipel - ein mutiger Schritt in einer Gesellschaft, in der Frauen sich damals nur voll verschleiert zeigen konnten.

Einsatz für Frauenrechte

Mut bewies sie auch, als sie auf das Festland des damaligen Tanganyika floh, um ihrem Ehemann zu entkommen, mit dem sie schon in jungen Jahren zwangverheiratet wurde. Später tourte sie für Jahre barfuß mit Taraab-Orchestern durch Ostafrika.

Als sie 1940 nach Sansibar zurückkehrte, zog die berühmt gewordene Bi Kidude in ein kleines Lehmhaus. Neben der Musik engagierte sie sich in sozialen Vereinen für Frauenrechte und die sexuelle Aufklärung von jungen Frauen. Dafür nutzte sie auch die Initiationsriten für Mädchen, "Unyago" genannt, die von traditionellen Liedern mit Trommeln und Tanzen begleitet wurden. Hier sprach sie viele Themen an, die ansonsten in der Gesellschaft tabuisiert werden.

Bi Kidude singt ihr berühmtestes Lied: "Muhongo wa Jang'ombe"

"Taraab ist mein Leben"

Mit ihrer tiefen, klagenden Stimme gab Bi Kidude ihren emotionalen Liedern einen besonderen Ausdruck. Sie setzte sich über viele Tabus hinweg, war mehrmals verheiratet, ging ohne Schleier, rauchte und trank - besonders in den letzten Jahren - viel Alkohol. Die konservative Gesellschaft sah das gar nicht gern, konnte aber auf sie als Ikone des Taraab nicht verzichten.

Ihre Neigung, bei ihren öffentlichen Auftritten viel zu improvisieren, war für die Taraab-Musiker oft eine Herausforderung. Das Publikum aber liebte sie dafür. Die kleine energische Frau war zudem eine hervorragende Trommlerin. Ihr Rhythmus, die unglaubliche Kraft und enorme Ausdauer, mit der sie bis vor einem Jahr noch auf den großen Trommeln spielte, begeisterte alle ihre Zuhörer. 2005 erhielt sie für ihr Lebenswerk den WOMEX Award der jährlichen internationalen Weltmusik-Messe.

Szene aus Dokumentarfilm (Foto: AFP/Getty Images)
Auch ein Dokumentarfilm zeigt das Leben von Bi Kidude - der Titel: "As old as my tongue"Bild: Tony Karumba/AFP/Getty Images)

Bi Kidude starb nach längerer Krankheit in ihrem bescheidenen Häuschen in Sansibar. Das gesamte Insel-Archipel trauert nun um seine Taraab-Königin.