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Schlag gegen die FARC

Miriam Gehrke/rri3. Juli 2008

Die Befreiung der kolumbianischen Ex-Präsidentschaftskandidatin aus der Geiselhaft ist ein Schlag gegen die FARC-Rebellen und ein Triumph für Präsident Uribe. Betancourt schließt ihre erneute Kandidatur nicht aus.

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Titelblätter mit dem Konterfei Ingrid Betancourts (3.7.08, Frankreich, Quelle: AP)
Betancourt auf französischen Titelseiten: Die freigelassene Politikerin wird am Freitag in ihrer zweiten Heimat Frankreich erwartetBild: AP

Mit der Befreiung von Ingrid Betancourt und 14 weiteren Geiseln am Mittwoch (02.07.2008) verliert die FARC-Guerilla ihr wichtigstes Faustpfand. Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin sowie die drei US-Bürger gehörten zu einer Gruppe von insgesamt 40 Geiseln, die die FARC gegen 500 inhaftierte Kämpfer austauschen wollten. Aus E-Mails, die auf dem Computer des Anfang März getöteten FARC-Kommandanten Raúl Reyes gefunden worden sind, geht hervor, dass die Guerilla diese Geiseln so lange wie möglich behalten wollte, um Druck auf die Regierung ausüben zu können.

Uniformierte Männer in einer Reihe (23.6.08, Cali - Kolumbien, Quelle: AP)
Immer mehr FARC-Rebellen ergeben sich der Armee - wie hier am 23. Juni in CaliBild: AP

Die unblutige und spektakuläre Befreiungsaktion durch das kolumbianische Militär ist ein wichtiger politischer Erfolg für den kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe, der seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren Gespräche mit der FARC stets abgelehnt hat. Er hat, mit politischer Rückendeckung und massiver finanzieller Unterstützung aus den USA, stets auf eine militärische Lösung gesetzt. Diese Politik der harten Hand hat ihn bei den Wählern sehr beliebt gemacht – in Umfragen signalisierten bis vor kurzem noch über 70 Prozent der Kolumbianer Zustimmung für Uribes Kampf gegen die FARC.

Coup zur rechten Stunde

Als jedoch im Mai bekannt wurde, das gegen über 60 Kongressmitglieder, die Mehrheit aus der Regierungskoalition von Präsident Uribe, wegen ihrer Verbindungen zu den Todesschwadronen der rechtsextremen Paramilitärs Ermittlungsverfahren laufen, beziehungsweise Haftbefehle ausgestellt worden waren, geriet der Präsident in die Kritik. Die Befreiung von Ingrid Betancourt kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Zwei Männer in Anzügen sprichen miteinander (18.4.08, Bogota - Kolumbien, Quelle: AP)
Freilassung auch in Frankreichs Interesse: Außenminister Kouchner (Rechts) bei Gesprächen mit seinem kolumbianischen Amtskollegen AraujoBild: AP

"Ich danke Gott und Präsident Alvaro Uribe", sagte die überglückliche Kolumbianerin mit französischem Pass sichtlich bewegt in einem ihrer ersten Interviews. Betancourt dankte ebenso der französischen Regierung sowie allen, die sich all die Jahre für sie eingesetzt haben. "Ich möchte mich bei Präsident Sarkozy bedanken und bei allen Franzosen, die unsere Unterstützung, unser Licht und unser Leuchtturm waren." Dabei schloss sie auch Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac mit ein.

Internationaler Druck

Weltweit hatten sich Politiker und Menschenrechtsorganisationen für die Freilassung der heute 46-Jährigen eingesetzt. Besonders der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte seit seinem Amtsantritt massiven Druck auf Uribe ausgeübt, mit der Guerilla zu verhandeln und die militärischen Operationen teilweise einzustellen, um eine Befreiung der Geiseln zu ermöglichen. Anfang des Jahres hatte der venezolanische Präsident Hugo Chávez bereits die Freilassung von sechs Personen aus der Gewalt der FARC erreicht – unter ihnen auch Clara Rojas, die Mitstreiterin von Ingrid Betancourt.

Mann und Frau vor einem Mikrofon, im Hintergrund Frankreichs Präsident Sarkozy (2.7.08, Paris, Quelle. AP)
In Paris freuen sich Betancourts Kinder Melanie und Lorenzo über die Freilassung ihrer MutterBild: AP

Beide Politikerinnen der linken Partei "Oxígeno Verde" (Grüner Sauerstoff) waren im Wahlkampf 2002, gegen den Rat der Sicherheitskräfte, in eine Zone gereist, die das Militär von den FARC zurückerobert hatte. Die Wahl gewann Alvaro Uribe, dessen Vater 1983 von den FARC ermordet wurde: der Großgrundbesitzer soll US-Geheimdienstquellen zufolge gute Beziehungen zur Drogenmafia, vor allem zum Kartell von Medellín und dessen Anführer Pablo Escobar gepflegt haben.

Betancourt vor erneuter Kandidatur?

Unter Uribe begann der erbitterte Krieg gegen die FARC. Die Guerilla hat sich immer tiefer in den Dschungel zurückziehen müssen. Nach massiven Verlusten bei Gefechten und dem Überlaufen zahlreicher Kämpfer hat sich die Zahl der Rebellen auf heute knapp 10.000 halbiert. Hunderte weitere Geiseln sind noch immer in den Händen der FARC.

Für deren Freilassung werde sie sich jetzt einsetzen, sagte Ingrid Betancourt am Mittwoch (2.7.) kurz nach ihrer Ankunft in Bogotá. 2323 Tagen hat ihre Geiselhaft im kolumbianischen Dschungel gedauert. Auf die Frage, ob sie ihre Reise in das ehemalige Rebellengebiet im Rahmen das Wahlkampfes vor sechs Jahren bedauere, antwortete sie, sie würde diese Entscheidung heute genauso treffen. Auch eine erneute Präsidentschaftskandidatur will sie nicht ausschließen.

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