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Politik

Besuch mit vielen offenen Fragen

Fabian von der Mark
31. Oktober 2016

Frank-Walter Steinmeier ist unterwegs in Vietnam: Die Wirtschaft des asiatischen Staates wächst, doch auch hier, weit entfernt von Deutschland, begleitet Steinmeier die Präsidentenfrage.

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Vietnam - Frank-Walter Steinmeier zu Besuch bei der Knauf Gips KG in Haiphong
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Nass werden, einen Bauhelm aufsetzen, mit Bürgern reden - Frank-Walter Steinmeier macht in Vietnam Dinge, die Politiker sonst im Wahlkampf machen. Aber noch kämpft er nicht um einen neuen Job, sondern will den aktuellen so gut wie möglich machen.

Mit weißem Bauhelm steht Frank-Walter Steinmeier neben einem jungen vietnamesischen Arbeiter und schaut zu, wie der Vietnamese zwei Gipsplatten nebeneinander schraubt, die Fugen und Schraublöcher fein verputzt. Steinmeier nickt anerkennend. Könnte der junge Vietnamese den deutschen Bundespräsidenten wählen, dann hätte Steinmeier gerade gepunktet. So leicht ist es aber nicht und Steinmeier ist aus anderen Gründen in das neue Knauf-Werk nach Haiphong gekommen.

Den wichtigsten Grund nennt der Südostasien Chef von Knauf, Wayne Studdon: "In Deutschland werden fünf mal so viele Gipsplatten pro Person verbaut wie in Vietnam." Vietnams Wirtschaft wächst gerade, wie kaum eine andere. Dieses Jahr sind es sechs Prozent. Überall im Land wird gebaut. Holt Vietnam bei den Gipsplatten auf, profitiert auch die deutsche Wirtschaft. Deutschland will nichts verpassen, wo doch die Ausgangsmöglichkeiten in Vietnam derart gut sind.   Steinmeier spürt das bei einem Treffen mit Studenten in Hanoi. 15 junge Vietnamesen, die den Deutschen Club gegründet haben, sitzen mit ihm am Tisch. Manche sind Kinder der rund 100.000 Vietnamesen, die mal in der DDR studiert hatten. Jetzt wollen sie in Vietnam deutsches und europäisches Recht studieren. Steinmeier will wissen warum. "Mein Vater hat mir die Liebe zu Deutschland weitergegeben. Und zum deutschen Bier", meint einer. Steinmeier lacht schallend. Eine junge Vietnamesin mit großer, runder Brille ist ganz begeistert vom Politiker aus Deutschland: "Ich will auch Außenminister werden, wie Sie", sagt die Studentin. Steinmeier gefällt das. Was er selbst noch werden will, sagt er freilich nicht. Noch nicht. Hat ja auch niemand gefragt.

Vietnam - Frank-Walter Steinmeier spricht zu Studenten der Rechtshochschule in Hanoi
Vietnam möge sich weiter öffnen. Steinmeier vor Studenten in Hanoi.Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Die Fahrt zur Hochschule ist ein Kampf durch den wilden Verkehr Hanois. Wo bei Steinmeiers letztem Besuch vor acht Jahren noch ruhiger Fahrradverkehr war, sind jetzt Autos und unzählige Motor-Roller unterwegs. "Ich bin froh, dass ich meinen Wagen hier nicht selbst fahren muss", sagt Steinmeier und führt seine Zuhörer über den Respekt vor roten Ampeln in Deutschland elegant zum Thema Rechtsstaat.

Die vollbesetzte Aula bekommt jetzt das Kritischste zu hören, was Steinmeier in Vietnam öffentlich zum Thema Bürgerrechte und Meinungsfreiheit sagt: "Ich weiß, dass es für die vietnamesische Verwaltung neu ist, sich unmittelbar der Kritik aus Parlament und der direkt betroffenen Bevölkerung zu stellen, aber ich glaube, dass es hilfreich sein wird!" Unter Freunden muss das möglich sein, denken Steinmeiers Leute. Zumal es sonst vor allem Lob, Anerkennung und Unterstützung aus Deutschland gibt.Auch im brisanten Inselstreit mit China stärkt Steinmeier dem strategischen Partner Vietnam den Rücken. Die Einhaltung internationalen Rechts sei die Grundlage für Frieden, führt der Außenminister mit Verweis auf China aus. Den angehenden Studenten Deutschen Rechts gibt er noch einen Tip für eine juristische Hausarbeit zum Thema Seerecht: der Ems-Dollart-Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden sei ein gutes Beispiel. Der wurde unterzeichnet, als Steinmeier gerade mit dem Jura-Studium begonnen hat und sah "keine Lösung mit dem Lineal vor, sondern eine Einigung über eine gemeinsame Nutzung der Ems", erklärt Steinmeier. Zuhörer halten die Rede danach für - präsidial, ja, eines Präsidenten würdig.

Vietnam - Frank-Walter Steinmeier spricht zu Studenten der Rechtshochschule in Hanoi
Vor vietnamesischen Studenten des Studiengangs "Deutsches und Europäisches Recht".Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Das Thema Wasser bleibt, genauso wie die Frage, ob Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident wird. Während der amtierende Außenminister sich im strömenden Regen erklären lässt, warum Hanois zentraler Hoan Kiem-See, See des zurückgegebenen Schwerts heißt (kompliziert), müssen Deutsche Delegationsteilnehmer ihren vietnamesischen Gastgebern erklären, warum die Präsidentenfrage noch offen ist (noch komplizierter). Dann wird Steinmeier tatsächlich gefragt, ob er dazu etwas sagt. Der Außenminister steht an der malerischen Seepromenade, auf der seit neuestem weder Autos noch Motorräder fahren dürfen, und meint nur: "Wie bitte? Der Verkehr war gerade so laut."