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"Best Ager" im Rampenlicht

1. April 2002

"Kukident" und "Doppelherz" - das war lange Zeit alles, was den über 50-Jährigen in der Werbewelt geboten wurde. Jetzt werden die "jungen Alten" aus ihrem Schattendasein befreit.

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Die neue ZielgruppeBild: AP

"Best Ager", "50plus-Generation", das sind die beschönigenden Namen, mit denen Werbeleute die Gruppe der über 50-Jährigen betitelt. In der bunten Werbewelt gilt die Gruppe als die am meisten vernachlässigte. Experten wollen einen allmählichen Wandel erkennen, der die Alten verstärkt ins Blickfeld rücken lässt.

Grauhaarige Models auf dem Laufsteg

Seit einigen Jahren fällt insbesondere der Kosmetikhersteller Nivea mit einem grauhaarigen Model auf. Die attraktive Frau war bereits vor einigen Jahren in Talk-Shows geladen. Immer wieder wurde sie als Musterbeispiel in der Werbung für Leute jenseits der 20 präsentiert. Seither sind andere Werber nachgezogen. Auch auf dem Laufsteg sehe man öfter eine Frau mit grauen Haaren, sagt Bernd Michael, Chef der Werbeagentur Grey in Düsseldorf.

Die zweitgrößte Agentur in der Branche kämpft seit einigen Jahren dafür, die "Master Consumer" in Fernsehspots oder Zeitungsanzeigen hoffähig zu machen. Genau hier liegt nämlich der Hase begraben: Grey hat ausgerechnet, dass die über 50-Jährigen fast die Hälfte der gesamten Kaufkraft der Erwachsenen in Deutschland besitzen. Und alle Untersuchungen zeigen, dass nicht nur zahlenmäßig der Einfluss dieser Gruppe in der Gesellschaft weiter wachsen wird.

Altersgrenzen verschoben

Auch bei der Hamburger Verlagsgruppe Bauer wird ein Wandel festgestellt: "Waren die 40-Jährigen früher die Obergrenze, geht man inzwischen an die 55- bis 60-Jährigen heran", sagt Adrian Weser, Leiter Research & Media Marketing bei der Bauer Media KG. Sein Haus verlegt viele Zeitschriften, die sich an ältere Leser wenden. Deshalb versucht Weser, die Werber von der Attraktivität dieser Gruppe zu überzeugen.

Dass sich der Widerstand in den letzten drei bis vier Jahren "gelockert" habe, sieht Weser vor allem "psychologisch" begründet: Viele der meist jungen Werbeleute hätten an ihren eigenen Eltern erkannt, dass die in ihrem Konsumverhalten noch "erlebnisorientiert" seien. "Wir können belegen, dass 50-Jährige genauso oft die Marke wechseln wie die Jüngeren", meint Weser.

Einen Trend in Richtung der "Best Ager" hat jüngst auch eine Untersuchung der Deutschen Direktmarketing Akademie in Berlin festgestellt. Unter 20 untersuchten Publikums-Zeitschriften richtete sich im vergangenen Jahr zwar nur ein knappes Viertel (23 Prozent) der Anzeigen mit ihrer Werbesprache an ältere Konsumenten. Im Vergleich zu 1999 (15 Prozent) bedeutete dies jedoch einen Anstieg von acht Prozentpunkten.

Wandel oder Stagnation?

Der größte Teil der Anzeigen - so die Studie - bewarb allerdings Gesundheitsartikel, also doch kein wirklicher Wandel? "Die Älteren haben immer die Sehnsucht nach der Mitte des Lebens und wollen nicht als Outlaws der Gesellschaft gelten", erkennt Grey-Werber Michael Bernd. Als Lösung bietet er "einen integrierten Ansatz": Ältere müssten in die Werbespots mit Jüngeren einbezogen werden. Also dann doch die Omi, die dem Enkel ein Bonbon reicht?

Bernd Lohse von der Hamburger Werbeagentur Kontor 1 nimmt kein Blatt vor den Mund. Früher hat sich seine Agentur speziell um "Best Ager" gekümmert. Diese Zeiten sind vorbei: Ältere würden weiterhin nur als "Stilmittel" in Spots oder Anzeigen eingesetzt oder man beschränke sich auf die klassischen Bereiche Gesundheit, Wellness oder Finanzdienstleistungen, sagt Lohse. Die Zielgruppe der Werbung werde im Gegenteil immer jünger. Gerade seien die "Kids" mit ihren wachsenden Konsumbedürfnissen entdeckt worden. (dpa/cg)