1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Aufbauhelfer Vogts

8. Oktober 2010

Seit zwei Jahren trainiert Berti Vogts die Nationalmannschaft von Aserbaidschan. Doch er ist nicht alleine. Neben dem 63-Jährigen strömen immer mehr ausländische Trainer in das kleine Land am Kaspischen Meer.

https://p.dw.com/p/PQTx
Spaß an seiner Arbeit: Berti Vogts trainiert Aserbaidschan
Spaß an seiner Arbeit: Berti Vogts trainiert AserbaidschanBild: AP

Fußball in Aserbaidschan? Vor zwei Jahren war das noch ein Fremdwort in dem Neun-Millionen-Einwohner-Land. Neben Ringen und Gewichtheben, gehört Schach zu den beliebtesten Sportarten dort. Der bekannteste Sportler ist der ehemalige Schach-Weltmeister Garri Kasparow. Fußball ist im Augenblick nicht mehr als eine Randsportart. Dies zu ändern ist die Aufgabe von Berti Vogts. Eine große Herausforderung. Doch bereits nach den ersten beiden Jahren sind kleine Fortschritte zu erkennen.

Vugar Nadirov (li) im Zweikampf mit Philipp Lahm (AP Photo/Axel Heimken)
Vugar Nadirov (l.) im Zweikampf mit Philipp LahmBild: AP

Vor zwei Jahren belegte Aserbaidschan in der FIFA-Weltrangliste lediglich den 147. Rang. Unter Vogts schaffte der Fußballzwerg den Sprung auf den aktuellen Rang 102 – ein großer Schritt für ein kleines Land. Trotzdem bleibt der 63-Jährige realistisch. "Wenn der Verband so weitermacht, können wir in vier bis sechs Jahren den Anschluss an das Mittelmaß des europäischen Fußballs herstellen, nicht mehr und nicht weniger."

Jugendförderung steht im Mittelpunkt

Die Herausforderung ist mindestens genauso groß wie die Probleme, mit denen der ehemalige Bundestrainer zu kämpfen hat. Es gibt zu wenig Fußballplätze für regelmäßige Trainingseinheiten. Bis vor zwei Jahren durfte in Schulen kein Fußball gespielt werden. Frühestens mit 15 Jahren kommen die Jugendlichen mit dem Ballsport in Berührung. "Es gibt keine `Pampersliga´, wie wir sie in Deutschland haben", bemängelt Vogts. Doch mit dem Engagement des deutschen Fußballtrainers hat ein Umdenken eingesetzt.

Aserbaidschan ist die bisher größte Herausforderung für Berti Vogts (dpa - Report+++)
Aserbaidschan ist die bisher größte Herausforderung für Berti VogtsBild: picture-alliance/dpa

Mittlerweile werden junge Spieler ins Ausland geschickt, um Erfahrungen zu sammeln. Sie sollen lernen, was es heißt, unter professionellen Bedingungen zu trainieren. Ziele der Nachwuchskicker sind vorwiegend deutsche Bundesligaklubs wie Bayern München, Hannover 96 oder TSG Hoffenheim. "Es ist sehr interessant, dass sich diese 15-Jährigen nach der Beurteilung auf Augenhöhe mit den deutschen Spielern befinden. Das zeigt, dass wir Potential im Nachwuchsbereich haben", sieht sich Vogts auf dem richtigen Weg.

Frauen spielen große Rolle im Fußball

Dazu gibt es seit einigen Monaten eine Schulmeisterschaft, bei der kleine Teams mit jeweils acht Spielern gegeneinander antreten. "Zuletzt musste dort sogar ein Mädchen mitspielen, weil nicht genügend Spieler zur Verfügung standen", erzählt Vogts mit einem breiten Grinsen. Die positiven Veränderungen sind auch der FIFA aufgefallen. So werden die jungen Fußballerinnen in Aserbaidschan in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Die FIFA hat die U17-Weltmeisterschaft der Frauen im kommenden Jahr an Aserbaidschan vergeben. Viel Arbeit, vor allem für die Trainerin Sissy Raith. Die ehemalige deutsche Nationalspielerin engagiert sich ebenfalls in Aserbaidschan.

Europäische Trainer sollen helfen

Winfried Schäfer mit Spielern der Nationalelf Kameruns (AP Photo/Martin Meissner)
Winfried Schäfer war auch schon Nationaltrainer KamerunsBild: AP

Doch nicht nur im Jugendbereich hat sich einiges geändert. Unter der Leitung des deutschen Trainers Erich Rutemöller wurde im vergangenen Jahr der erste Lehrgang für aserbaidschanische Trainer veranstaltet. Vor allem ehemalige Nationalspieler des Landes will Berti Vogts ausbilden lassen. "Sie sollen ihre Erfahrung über das Fußballspiel und über das Erleben von Situationen im Fußballgeschäft weitergeben. Dazu müssen sie natürlich dementsprechend ausgebildet werden", sagt Vogts.

Die professionellen Strukturen wachsen weiter. Dazu kommen immer mehr ausländische Trainer ins Land. Winfried Schäfer trainiert seit diesem Jahr den Hauptstadtklub FK Baku, und auch der ehemalige englische Nationalspieler Tony Adams hat den Weg ans Kaspische Meer gefunden.

"Das Pils schmeckt gar nicht so schlecht"

Trotz vieler Unwegsamkeiten, ans Aufhören denkt der 63-Jährige Vogts nicht. Er mag Herausforderungen und die Arbeit mit jungen, talentierten Spielern. Zudem hat sich der Fußballlehrer in das Land am Kaspischen Meer verliebt. "Die Leute sind alle sehr offen, die Stadt Baku ist traumhaft schön, die Küche ist gut und das Pils schmeckt gar nicht so schlecht", schwärmt Vogts. Solange er noch Spaß an der Arbeit hat, will er weitermachen und versuchen, den aserbaidschanischen Fußball bis ins Mittelfeld der europäischen Fußballklasse zu führen.

Autor: Thomas Klein

Redaktion: Wolfgang van Kann