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Berlusconi vergleicht Flüchtlingslager mit KZ

20. Mai 2009

Silvio Berlusconi, italienischer Ministerpräsident, Medienzar und Fußballpräsident, ist für seine schrägen Kommentare berüchtigt. Jetzt vergriff er sich erneut im Ton.

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Silvio Berlusconi (Foto: dpa)
Trifft nicht immer den richtigen Ton: Italiens Ministerpräsident Silvio BerlusconiBild: AP

Mit seinen Sprüchen sorgt Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi immer häufiger für sprachloses Staunen im In- und Ausland. Am Dienstagabend (19.05.2009) sorgte er erneut für Kopfschütteln. Berlusconi warb bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Barroso auf bizarre Weise für eine schnelle Abschiebung illegaler Einwanderer aus Afrika. Er wolle nicht bösartig sein, aber er müsse sagen, dass die Auffanglager "Konzentrationslagern ähneln." Würden die Asylanträge der Flüchtlinge bereits in Libyen geprüft, bliebe ihnen die "Unannehmlichkeit" erspart, in einem Lager in Italien eingesperrt zu werden. Nicht der erste unglückliche Vergleich Berlusconis mit Bezug auf die NS-Diktatur: Den deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz schlug er im EU-Parlament vor einigen Jahren als Idealbesetzung für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers vor.

Nach italienischen Medienberichten verteidigte Berlusconi mit seinem unglücklichen Vergleich die neue Flüchtlingspolitik seines Landes. Aufgrund dieser Politik waren zuletzt Hunderte von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer auf hoher See aufgegriffen und direkt nach Afrika zurückgebracht worden, ohne dass sie vorher italienischen Boden betreten oder einen Asylantrag stellen konnten. Die UN und zahlreiche Hilfsorganisationen hatten Italien wegen dieses Vorgehens scharf kritisiert.

Chronisch überfülltes Flüchtlingslager

Einwanderer auf Lampedusa (Foto: AP)
Völlig entkräftet erreichen illegale Einwanderer die Insel LampedusaBild: AP

Vor den direkten Abschiebungen war Italien allerdings auch mehrfach wegen seiner chronisch überfüllten Flüchtlingslager kritisiert worden. Auf der winzigen Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Nordafrika befanden sich seit Anfang des Jahres zum Teil 1800 Menschen in einem für 800 Menschen ausgelegten Lager. An den italienischen Küsten strandeten in meist überfüllten und seeuntüchtigen Fischerbooten im vergangenen Jahr etwa 36. 500 Flüchtlinge, davon fast 32. 000 auf Lampedusa.

Vor einigen Wochen sorgte Berlusconi bereits international für ungläubiges Kopfschütteln, als er beim Besuch in dem von einem Erdbeben mit fast 300 Toten schwer zerstörten Ort l'Aquilla in den italienischen Abruzzen den in Zeltstädten lebenden Opfern empfahl, ihre Situation "wie einen Campingurlaub zu nehmen." Immer wieder würzt Berlusconi seine politischen Statements zudem mit rassistischen Untertönen. So bezeichnete Berlusconi den neuen US-Präsidenten Barack Obama als "jung, hübsch und gebräunt." Im März 2006 brachte er die chinesische Staatsführung gegen sich auf als er bei einer Wahlkampfveranstaltung erklärte, "dass sie in China zu Zeiten von Mao die Kinder nicht gegessen, sondern gekocht haben, um damit die Felder zu düngen."

Ehefrau hat genug

Veronica Lario und Silvio Berlusconi (Foto: AP)
"Die Schöne und das Biest": Berlusconis (Noch)-Ehefrau Veronica Lario und der italienische MinisterpräsidentBild: AP

Auch Berlusconis Ehefrau Veronica Lario hat von ihrem Ehemann anscheinend genug und reichte vor einigen Tagen öffentlichkeitswirksam die Scheidung ein. Grund: Sie hat von Berlusconis öffentlich zur Schau getragenen Chauvinismen genug. Neben der geplanten Verpflichtung jüngerer TV-Starlets für hohe politische Posten, echauffierte sich Berlusconis Ehefrau auch über das öffentliche Bekenntnis ihres Mannes, eine Ex-Miss-Italien-Kandidatin heiraten zu wollen, wenn er nicht schon verheiratet wäre. (mbö/wl/hf/dpa/afp)