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Deutschlands peinlichste Baustelle

Iveta Ondruskova25. Juni 2014

Die Pannen-Serie um Berlins neuen Flughafen BER reißt nicht ab. Nun kam heraus, dass einer der wichtigsten Planer kein Ingenieur war. Die Deutsche Welle stellt die fünf schlimmsten Patzer seit Baubeginn vor.

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Foto: Patrick Pleul dpa/lbn/lsn
Bild: picture-alliance/dpa

Seit dem ersten Spatenstich 2006 läuft auf der größten Flughafenbaustelle Europas fast alles schief, was nur schief laufen kann. Das pannengeplagte Bauprojekt blamiert Deutschland auch international: Überall in der Welt und in den sozialen Netzwerken wird darüber gespottet, dass die Deutschen offenbar nicht im Stande sind, einen Airport fertig zu stellen.

1. Dilettanten am Werk

Der Chefplaner für die Brandschutzanlage des BER-Flughafens, Alfredo di Mauro, ist kein diplomierter Ingenieur, sondern nur ein technischer Zeichner. Das hat er nun selbst bestätigt: "Die haben mich alle für einen Ingenieur gehalten. Ich habe da nicht widersprochen", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Anfang Mai zog der BER-Boss Hartmut Mehdorn die Reißleine und feuerte di Mauro.

Auch der Technikchef Horst Amann, der im August 2012 als Retter des Flughafensprojekts nach Berlin geholt wurde, war offensichtlich nicht der Richtige. Mitarbeiter hielten ihn für völlig überfordert - es folgte die Entlassung. Seine Nachfolgerin, die neue Chefplanerin Regina Töpfer, wurde im Februar 2014 ebenfalls an die Luft gesetzt.

Kritiker sehen die Hauptursache für das BER-Desaster darin, dass Verantwortliche und Kontrolleure gleich reihenweise versagt haben. Den Aufsichtsrat leiteten lange Zeit keine Fachleute, sondern zwei Politiker - Berlins Regierende Oberbürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.

Großflughafen BER
Hartmut Mehdorn (links), Matthias Platzeck (in der Mitte) und Klaus Wowereit (rechts)Bild: Reuters

2. Mangelnder Brandschutz

Das größte Hindernis für die Eröffnung des BER ist die fehlerhafte Brandschutzanlage. Das Problem ist bereits seit Mai 2012 bekannt. Trotzdem funktioniert vor allem die Entlüftungsanlage immer noch nicht. Der Fehler ist grundlegend: Die Architekten hatten anders als in anderen Großgebäuden geplant, den Rauch - der ja üblicherweise nach oben steigt - unterhalb den Flughafenhallen abzuleiten. Ein technischer Wahnsinn, der jetzt komplett umgeplant und umgebaut werden muss. Daran versuchen sich nun die Konzerne Bosch und Siemens.

3. Korruptionsverdacht

Der frühere Technik-Chef des Flughafens, Jochen Großmann, steht unter Korruptionsverdacht. Ihm wird vorgeworfen, rund eine halbe Million Euro Bestechungsgeld angenommen zu haben. Zudem wird gegen ihn wegen wettbewerbsbeschränkender Preisabsprachen ermittelt. Weitere Enthüllungen seien nicht ausgeschlossen, heißt es in BER-Kreisen in Berlin.

4. Schlechte Planung

Neben dem mangelnden Brandschutz wurden weitere gravierende Probleme und Fehler entdeckt: Die Kabelschächte sind gefährlich überbelegt, es gibt zu wenige Chek-In-Schalter und Gepäckbänder. Kälteaggregate sind zu schwach. Wenn aber nicht gekühlt werden kann, drohen Überhitzung und Notabschaltung der ganzen IT-Technik. Der Airport Berlin stünde dann ohne Computer da. Außerdem wurden Abflugrouten und Lärmschutzzonen falsch berechnet.

Baustelle Flughafen Berlin Brandenburg International BER. Foto: Patrick Pleul dpa/lbn
Terminal zu klein, Flugrouten falsch: Nur zwei von vielen MängelnBild: dapd

Der BER-Flughafen ist für 27 Millionen Passagiere ausgelegt. Doch Experten sagen voraus, dass die Kapazität nicht ausreichen wird. Anders gesagt: Sobald der Flughafen eröffnet wird, muss er schon wieder erweitert werden.

5. Kosten-Desaster

Die Kosten zu Baubeginn im Jahr 2006 waren mit 2,5 Milliarden Euro veranschlagt worden. Doch wie viel der Flughafen schließlich kosten wird, das stehe in den Sternen, sagt Martin Delius (Piraten), der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus. "Bisher sind wir bei 4,7 Milliarden, aber ohne Parkhäuser und ohne die Verkehrsanbindung. Insgesamt sind wir derweil schon bei weit über 6 Milliarden, und das ist sicher nicht das Ende." Unter der Hand wird bereits über Gesamtkosten in Höhe von stolzen 8 Milliarden Euro gesprochen.

Baustelle Flughafen Berlin Brandenburg International BER. Foto: Patrick Pleul dpa/lbn
Bisher nur als Modell - Der neue Berliner HaupstadtflughafenBild: picture-alliance/dpa

Es droht indes weiterer Ärger: Laut Medienberichten prüft die EU-Kommission, ob Subventionen von 30 Millionen Euro zurückgezahlt werden müssen. Und: Mindestens 48 Millionen fordert die Fluggesellschaft Air Berlin bereits jetzt für Schäden, die ihr seit der mehrfach geplatzten Eröffnung des Airports entstanden sind. Das Pikante dabei: Der jetzige Flughafenchef Hartmut Mehdorn hatte die Klage im November 2012 als damaliger Chef der Airline selbst eingereicht.

Fazit: Eröffnung in weiter Ferne

Der neue Flughafen in Berlin sollte eigentlich im Oktober 2011 eröffnet werden. Seine Eröffnung wurde mehrfach verschoben. Zurzeit ist kein Termin bekannt, wann der Airport in Betrieb genommen werden kann. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD), sagte am 14. Mai 2014, dass eine Eröffnung erst nach 2017 wahrscheinlich ist.

Kein Wunder also, dass Nachrichtenmagazin Der Spiegel einen Neustart an einem anderen Standort samt anderen Verantwortlichen empfiehlt: "Vielleicht wäre die Radikallösung am Ende die beste: Eine Umwidmung zum Mahnmal für provinziellen Größenwahn."