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Bereicherungsvorwürfe gegen Blatter & Co

Calle Kops dpa, sid
3. Juni 2016

Der FIFA-Skandal erreicht eine neue Dimension: Nach Angaben des Fußball-Weltverbandes sollen sich Ex-Präsident Joseph Blatter, Ex-Generalsekretär Jerome Valcke und Ex-Finanzchef Markus Kattner massiv bereichert haben.

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Ex-FIFA-Präsident Joseph Blatter (l.) und Ex-FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke (r.) sitzen beim FIFA-Kongress am 29. Mai 2015 in Zürich nebeneinander (Foto: Philipp Schmidli/Getty Images)
Einst ein Team: Ex-FIFA-Präsident Joseph Blatter (l.) und Ex-FIFA-Generalsekretär Jerome ValckeBild: Getty Images/P. Schmidli

WM-Bonuszahlungen in astronomischer Höhe, saftige Gehaltserhöhungen und rechtswidrige Vertragsabschlüsse: Ein Funktionärs-Trio um "Alleinherrscher" Joseph Blatter hat sich bei der FIFA offenbar wie in einem Selbstbedienungsladen um mehr als 79 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 71,3 Millionen Euro) bereichert. Neben Blatter sollen der Ex-Genralsekretär Jerome Valcke und der ehemalige Finanzdirektor Markus Kattner involviert sein. Das gab der Fußball-Weltverband nach einer internen Untersuchung am Freitag selbst bekannt, nachdem Schweizer Ermittler tags zuvor erneut zur Razzia in die FIFA-Zentrale auf dem Zürichberg eingerückt waren. Die von der FIFA angetretene Flucht nach vorn hatte aber womöglich auch einen anderen Hintergrund: Blatters Nachfolger Gianni Infantino muss sich nach nicht einmal 100 Tagen im Amt schon Vorwürfen wegen angeblich unsauberer Amtsführung erwehren.

Die FIFA hat die Unterlagen bereits an die Schweizer Bundesanwaltschaft und die US-Justizbehörde weitergeleitet und eine volle Kooperation angekündigt. Es sei klar, dass diese ersten Erkenntnisse weiterer Untersuchungen bedürften. Laut der FIFA verstießen die Zahlungen und die Vertragsabschlüsse gegen Schweizer Recht. Auch die FIFA-Ethikkommission sei in Kenntnis gesetzt worden.

Ex-FIFA-Finanzdirektor Markus Kattner steht am Rednerpult (Foto: Pressefoto ULMER/Markus Ulmer)
Der Dritte im Bunde: Ex-FIFA-Finanzdirektor KattnerBild: picture-alliance/M. Ulmer

Bei den möglichen Bereicherungen geht es laut FIFA um Bonuszahlungen, Gehaltssteigerungen und andere Zuwendungen. "Die Untersuchung hat Beweise für die Verletzung treuhänderischer Pflichten offenbart", teilte die FIFA im Hinblick auf die von der mit den Ermittlungen beauftragten Anwaltskanzlei zusammengestellten Ergebnissen mit.

Millionenschwere Boni

Bereits am Donnerstag hatten die Ermittler Büros in der FIFA-Zentrale durchsucht. "Konkret wurden Dokumente und elektronische Daten sichergestellt, die nun auf ihre Relevanz zum laufenden Verfahren geprüft werden", erklärte die Bundesanwaltschaft, die seit September 2015 gegen Blatter wegen des Verdachts der Untreue und seit März dieses Jahres gegen Valcke wegen des Verdachts der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie weiterer Delikte ermittelt.

Die von der FIFA nun vorgelegten Zahlen haben es in sich: So haben sich Blatter und Co. offensichtlich regelmäßig Bonuszahlungen zugeschanzt. Beispielsweise wanderten am 1. Dezember 2010 als Bonus für die WM in Südafrika insgesamt 23 Millionen Schweizer Franken auf die Konten von Blatter, Valcke und Kattner. Schon ein Jahr später waren es 26 Millionen Schweizer Franken für die Endrunde 2014, obwohl das Turnier noch in weiter Ferne lag. Nur ein kleiner Kreis hatte dabei Kenntnis von den Zahlungen, mitunter wurden die Verträge gegenseitig bewilligt. Auch die Unterschrift des 2014 verstorbenen Ex-FIFA-Vizes Julio Grondona, der Vorsitzender der Finanzkommission war, taucht häufig auf.

Dubiose Klauseln - auch Scala involviert?

FIFA-Funktionär Domenico Scala (Foto: Reuters/H. Romero)
Domenico Scala trat aus Enttäuschung über Gianni Infantino zurückBild: Reuters/H. Romero

Doch damit nicht genug. So wurden beispielsweise kurz vor der Präsidentenwahl 2011 die Verträge von Valcke und Kattner kurzerhand um achteinhalb Jahre verlängert, obwohl unklar war, ob Blatter überhaupt wiedergewählt wurde. Die Kontrakte enthielten dabei höchst fragwürdige Klauseln. So wurde etwa geregelt, dass bei einer vorzeitigen Trennung das komplette Gehalt bis zum Vertragsende ausbezahlt werden muss - ungeachtet dessen, ob eine Vertragsauflösung rechtlich begründet sei. Dazu gab es eine sogenannten Schadloserklärung, wonach die FIFA für alle Verfahrenskosten aufkommt, sollte der Mitarbeiter wegen seiner FIFA-Tätigkeit zivil- oder strafrechtlich belangt werden.

Auch der Name des jüngst zurückgetretenen Chefaufsehers Domenico Scala taucht auf. Der Schweizer hat offensichtlich am 31. Mai die Vertragsverlängerung von Kattner um weitere vier Jahre mit abgesegnet, obwohl nur vier Tage vorher die Schweizer Behörden zusammen mit der US-Justiz am Rande des Kongresses in Zürich mehrere FIFA-Topfunktionäre festgenommen hatten. Scala war zurückgetreten, nachdem das FIFA-Council durch eine umstrittene Reform seinen Machtbereich eingeschränkt hatte. Daraufhin waren Komplott-Vorwürfe gegen Infantino laut geworden.

ck/asz/sn (dpa, sid)