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Belarus: Streit um Sendezeit für Opposition

7. September 2006

Der Staatsrundfunk soll der politischen Opposition angeboten haben, live im Fernsehen aufzutreten. Was davon zu halten ist, sagte Aleksandr Simowskij, Chef des Staatlichen Rundfunks, im Gespräch mit DW-RADIO/Russisch.

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Im Fernsehen omnipräsent: Präsident LukaschenkoBild: AP

DW-RADIO/Russisch: Herr Simowskij, Sie sind der Vorsitzende des Staatlichen Rundfunks von Belarus. Welches Angebot haben Sie den Führern der Opposition tatsächlich gemacht?

Aleksandr Simowskij: Ganz bestimmt hat ihnen niemand angeboten, live aufzutreten. Die Form, wer im Fernsehen oder Radio auftritt und wie, wird von uns festgelegt. Wir haben ihnen aber mehrfach angeboten, Stellungnahmen zu bestimmten Themen abzugeben.

Der Führer der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei, Anatolij Lebedko, bestreitet dies aber. Ist die Opposition Ihrer Meinung nach ausreichend im belarussischen Rundfunk vertreten? Sind die Ansichten der Opposition, die auch von einem Teil der Bevölkerung unterstützt werden, in ausreichendem Umfang in den Sendungen präsent?

Die Opposition ist nicht wirklich im belarussischen Fernsehen präsent. Und zwar deshalb nicht, weil sie ganz offensichtlich ein Problem hat mit den gesellschaftlichen Wahrheiten. Die Opposition – wenn sie denn im belarussischen Fernsehen auftreten will, egal, ob live oder als Aufzeichnung – muss sich an das System der geltenden Verfassungskonstruktionen der Republik Belarus halten. Das heißt im Umkehrschluss: Was haben Menschen, die die Verfassung nicht anerkennen wollen, im belarussischen Fernsehen oder gar im Radio zu suchen?!

Anatolij Lebedko hat vorgeschlagen, eine Diskussion im belarussischen Fernsehen zu organisieren über die Hauptrichtlinien der Außen- und Innenpolitik des Landes. Ist dies Ihrer Meinung nach möglich?

Natürlich ist das möglich. Im belarussischen Fernsehen und Radio laufen täglich und ständig Diskussionen über die Entwicklung des Landes, über die Entwicklung der belarussischen Gesellschaft, über die Entwicklung unserer Beziehungen zum Westen und zum Osten, über den Unionsstaat und anderes. Bei uns ist das so: Wenn wir Sie einladen, sich zu bestimmten Fragen zu äußern, dann äußern Sie sich bitte. Aber wenn Sie als Antwort Forderungen stellen nach dem Motto „Hoffentlich sind sie bald weg, dann bekomme ich endlich das Mikrofon in die Hand“, dann ist es lächerlich, überhaupt in Erwägung zu ziehen, dass wir Sie zu einem Gespräch einladen könnten.

Wird im belarussischen Fernsehen irgendwann die Opposition zu Wort kommen? Was muss man Ihrer Meinung nach unternehmen, um ins belarussische Fernsehen zu kommen?

Ich weiß nicht, ob man da extra „etwas unternehmen“ muss. Man muss wahrscheinlich irgendwelche Informationsanlässe schaffen, Journalisten zu Pressekonferenzen einladen, zu Rundtisch-Gesprächen und anderem. Aber Sie müssen doch auch zugeben, dass die Situation – „wir lassen euch nicht auf unsere Veranstaltung, weil ihr das belarussische Fernsehen seid und sowieso über uns nicht die Wahrheit sagt“ – eine ziemlich komische ist. Das ist genauso, als wenn ich zu Ihnen sagen würde: „Verehrter Kollege, ich gebe Ihnen gerne ein Interview, aber nur, wenn Sie mich live auf Sendung schalten und selbst das Studio verlassen“! Ich frage Sie: Wie lange würde unter solchen Umständen unser Gespräch wohl dauern?! Das Problem ist, dass die belarussische Opposition sehr oft unzufrieden damit ist, wie sie im belarussischen Fernsehen vertreten ist. Da ist von Lügen, Diffamierung und ähnlichem die Rede. Gegenüber der Deutschen Welle wurden solche Ansprüche übrigens noch nie laut. Es weiß doch jeder: Der Versuch, zu verleumden oder zu diffamieren, zieht eine Vorladung vor Gericht nach sich. Und ich sage Ihnen: Ich habe noch keinen einzigen Prozess verloren.

Das Gespräch führte Wladimir Dorochow

DW-RADIO/Russisch, 31.8.2006, Fokus Ost-Südost