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Belarus: Produzenten werden Waren nicht los

27. August 2009

Die belarussischen Exporte sind eingebrochen. Viele Unternehmen bleiben auf ihrer Produktion sitzen. Nun fordert die Regierung die Bürger auf, einheimische Waren zu kaufen. Experten sehen darin keine Lösung.

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Belarus will Außenhandel wieder in Gang bringenBild: picture alliance / dpa

Der Rückgang der belarussischen Ausfuhren im ersten Halbjahr 2009 um fast die Hälfte hat dazu geführt, dass die Lager der Unternehmen überfüllt sind. Premierminister Sergej Sidorskij zufolge beläuft sich der Wert der nicht verkauften Waren auf 2,4 Milliarden Dollar. Laut offizieller Statistik sind im ersten Halbjahr die Bestände nicht verkaufter Produkte in der Stahlindustrie um fast das Dreifache, in der chemischen und petrochemischen Industrie, der Leicht- und Automobilindustrie sowie in der Metallverarbeitung um immerhin das Anderthalbfache gestiegen.

Um die Situation zu verbessern, versucht die Regierung, die Importe zu reduzieren und die Bürger zu animieren, nur noch im Inland produzierte Waren zu kaufen. Unabhängige Wirtschaftsexperten halten allerdings nicht viel von diesen Aufrufen und verweisen darauf, dass es notwendig sei, den Unternehmen mehr Rechte und Freiheiten, insbesondere bei der Preisbildung einzuräumen. Der Ökonom Michail Radkewitsch stellt fest, dass im Juli die Lagerbestände durch Preisnachlässe etwas abgebaut worden sind, nachdem auf höchster Staatsebene eine entsprechende Anweisung erteilt worden war. Das habe aber keine Lösung für die überfüllten Lager gebracht.

„So schnell wie möglich verkaufen“

Einen ganz grundsätzlichen Ratschlag hat der ehemalige Minister für Außenwirtschaftsbeziehungen, Michail Marinitsch, parat: In der aktuellen Situation müsse man „alles zu dem Preis verkaufen, zu dem es auch gekauft wird“. Einen anderen Ausweg sehe er nicht. Die vollen Lager würden bei den Unternehmen Verluste verursachen. Dies könne längerfristig dazu führen, dass den Beschäftigten keine Löhne mehr gezahlt werden könnten. Die Produktion müsse dann ganz eingestellt werden. Die Unternehmen bräuchten Kapital, so Marinitsch, deswegen müssten die Bestände so schnell wie möglich verkauft werden.

Jedoch gelingt es nicht, die fertige Produktion rasch zu verkaufen. Wie der belarussische Wirtschaftsexperte Radkewitsch berichtet, fänden die sogenannten Ausverkäufe und Preisnachlässe bislang nur auf dem Papier statt. Reale Maßnahmen, um die Lager zu räumen, würden nicht ergriffen.

Der Fehler liegt im System

Der ehemalige Direktor des belarussischen Konzerns Amkodor, Wasilij Schlyndikow, ist überzeugt, dass nicht die Direktoren der Unternehmen für die überfüllten Lager verantwortlich sind, sondern die im Lande bestehende Kommando-Wirtschaft. Derselben Meinung ist der Leiter des Forschungszentrums Mises, Jaroslaw Romantschuk. Er sagt, Unternehmen müssten ihre Preise senken und der Kaufkraft der Konsumenten anpassen. Ferner müssten Gläubiger die Möglichkeit erhalten, die Waren bankrotter Unternehmen verkaufen zu können. Romantschuk unterstreicht, dass der Rückgang der Nachfrage und das Problem der vollen Lager nicht mit administrativen Methoden zu lösen sei.

Autor: Andrej Alechnowitsch / Markian Ostaptschuk

Redaktion: Birgit Görtz