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Soll Lukaschenko nach Prag reisen?

23. April 2009

Die EU will Anfang Mai ihr Programm Ostpartnerschaft mit sechs Ex-Sowjetrepubliken gründen. Das EU-Programm wird in Belarus weitgehend begrüßt. Für Streit sorgt aber die Einladung Lukaschenkos zum EU-Gipfel.

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Für Kritiker ist Lukaschenko "Europas letzter Diktator"Bild: picture-alliance / dpa

In der belarussischen Öffentlichkeit ist man sich weitgehend einig, dass eine Teilnahme des Landes an der EU-Ostpartnerschaft nützlich ist. Die einen sehen in einer Teilnahme den Beleg für einen schwindenden Einfluss Russlands und die Hinwendung von Belarus zu Europa. Viele Menschen hoffen auch auf eine Erleichterung der Visa-Bestimmungen und Schritte in Richtung eines gemeinsamen Marktes mit der EU. Aber es gibt auch eine andere Sicht, nach der die Teilnahme des Landes an der Ostpartnerschaft schlicht und einfach nur Ausdruck einer Außenpolitik der verschiedenen Vektoren ist, die sowohl nach Westen als auch nach Osten gerichtet bleibt.

Oppositionelle uneins

Für Streit innerhalb der Opposition sorgt vor allem eine mögliche Teilnahme von Präsident Aleksandr Lukaschenko am Prager EU-Gipfel. Die Führung der Vereinigten demokratischen Kräfte kritisiert, dass die EU Lukaschenko nach Prag eingeladen hat. Auch der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatolij Lebedko, wertet die Einladung als Beweis für eine "politische Kapitulation Europas vor dem belarussischen Regime".

Aber unter den Oppositionellen des Landes gibt es auch andere Ansichten. Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte Wjatscheslaw Siwtschik, Koordinator der oppositionellen Bewegung Europäische Koalition, es sei nicht entscheidend, ob Lukaschenko nach Prag fahren werde. Wichtig sei, dass Belarus überhaupt auf dem EU-Gipfel vertreten werde. Eine ähnliche Haltung nehmen die Vertreter der Bewegung Für Freiheit unter Leitung des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Aleksandr Milinkewitsch ein.

Auch Experten streiten

Der Politikwissenschaftler Wladimir Rowdo macht darauf aufmerksam, dass der Gipfel am 7. Mai stattfindet. Ausgerechnet an diesem Tag vor zehn Jahren ist einer der Führer der Vereinigten Bürgerpartei, der ehemalige Innenminister Jurij Sacharenko, spurlos verschwunden. Dieser Fall und auch andere Fälle von verschwundenen Personen seien bis heute nicht aufgeklärt, betont Rowdo. Deswegen hält der Experte die Einladung Lukaschenkos für einen "groben Fehler der EU und eine moralische Kapitulation vor dem Regime, das nichts im eigenen Land getan hat, womit das Recht auf eine Teilnahme am Gipfel verdient wäre".

Rowdo geht davon aus, dass der belarussische Präsident zum Gipfel reisen wird. Für den Politologen Wjatscheslaw Posdnjak ist dies hingegen eine zweitrangige Frage. Die Ostpartnerschaft biete Belarus viele Chancen. Es komme auf die Ergebnisse an, unabhängig von der Frage, wer an dem Treffen teilnehme. Der Experte glaubt, eine flexible Haltung der belarussischen Führung in dieser Frage erkennen zu können. Posdnjak geht davon aus, dass Belarus bei dem EU-Gipfel in Prag nicht durch den Präsidenten vertreten sein wird.

Autor: Pawljuk Bykowskij / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann