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Öl für Belarus

5. Mai 2010

Mit venezolanischem Öl will Minsk seine Energie-Abhängigkeit von Moskau mindern. Die Ukraine ist bereit, sich zu beteiligen. Experten rechnen allerdings mit Schwierigkeiten im Beziehungsdreieck Russland-Ukraine-Belarus.

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Öltank der Raffinerie Mosyr in Belarus (Foto: AP)
Erste Lieferung an Raffinerie im belarussischen MosyrBild: RIA Novosti

Die erste Lieferung des Erdöls aus Venezuela ist pünktlich in Belarus angekommen. Zunächst ist sie per Tanker über die ukrainische Hafenstadt Odessa und dann weiter über ukrainisches Territorium per Zug schließlich in der Raffinerie Mosyr am Sonntag (02.05.2010) gelandet.

Hugo Chavez und Alexander Lukaschenko reichen sich die Hand (Foto: AP)
Chavez und Lukaschenko vereinbaren ÖllieferungenBild: AP

Der belarussische Präsident Aleksander Lukaschenko hatte bei seinem Besuch in Caracas im März 2010 mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chavez Lieferungen ab Mai vereinbart.

Nachbarn zeigen Interesse

Dass die Ukraine daran interessiert ist, sich am belarussisch-venezolanischen Ölprojekt zu beteiligen, machte auch ein Treffen Lukaschenkos mit dem ukrainischen Präsidenten vergangene Woche (29.04.) in Minsk deutlich. Viktor Janukowitsch erklärte, die Ukraine sei bereit, beim Transport, bei der Verarbeitung und dem Verkauf des venezolanischen Öls zu helfen. "Es soll sich für Sie lohnen, und auch bei uns besteht Motivation und Interesse", sagte er den belarussischen Partnern. Kiew sei sogar bereit, Vergünstigungen beim Transport auf der Schiene zu gewähren. Und wenn Tanker aus Venezuela Odessa künftig regelmäßig ansteuern sollten, dann könnte man das Öl auch über die Pipeline Odessa-Brody nach Belarus pumpen.

Portrait von Viktor Janukowitsch und Alexander Lukaschenko (Bildcombo: DW)
Allianz zwischen Janukowitsch und Lukaschenko?Bild: picture alliance / dpa

Auch weitere belarussische Nachbarländer sollen inzwischen Interesse an dem Projekt signalisiert haben. "Die Polen, denen die litauische Erdölraffinerie Mazeikiu gehört, aber auch die Litauer selbst sind bereit, über den Transit zu sprechen", sagte der belarussische Wirtschaftsexperte Sergej Tschalyj im Gespräch mit der Deutschen Welle. Ihm zufolge könnte das Öl den litauischen Hafen Klaipeda erreichen und vom Ölterminal Butinge aus über eine bestehende Leitung zur belarussischen Raffinerie Nowopolozk gepumpt werden.

"Chance für Nord-Süd-Achse"

Tschalyj zufolge sucht Lukaschenko derzeit Verbündete gegen das Energie-Diktat Moskaus. "Russland hat mit Belarus und der Ukraine immer getrennt Öl- und Gaskriege geführt - niemals zur gleichen Zeit an zwei Fronten. So hatten die Transitländer nie Gelegenheit, eine gemeinsame Politik zu entwickeln", erklärt Tschalyj.

Portrait des belarussischen Wirtschaftsexperten Sergej Tschalyj (Foto: DW)
Tschalyj: Lukaschenko sucht VerbündeteBild: DW/Danejko

Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger Juschtschenko sei der neue ukrainische Präsident Janukowitsch pragmatischer. Er werde versuchen, das "belarussische Modell" für die Beziehungen zu Russland zu kopieren. Tschalyj rechnet damit, dass die beiden Staatschefs eine gemeinsame Sprache finden und eine einheitliche Politik gegenüber dem Kreml erarbeiten werden. Früher hätten die Länder ihre Außenbeziehungen nur nach einem Ost-West-Schema ausgerichtet. Heute bestehe die Chance, die Nord-Süd-Achse auszubauen, so der Ökonom.

Langwierige Neuordnung

Der belarussische Politologe Aleksander Klaskowskij rechnet aber mit Schwierigkeiten innerhalb des Beziehungsdreiecks Belarus-Ukraine-Russland. "Es werden noch viele Jahre vergehen, bis in diese postsowjetischen Umbrüche Ordnung kommt. Statt in transparente und zivilisierte Beziehungen überzugehen, weisen sich die Länder immer noch gegenseitig Schuld zu und reden von unrealistischen Projekten einer slawischen Integration", sagte der Experte im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Klaskowskij zufolge gibt es objektiv betrachtet durchaus eine Grundlage für eine belarussisch-ukrainische Allianz - gegen den Druck aus Moskau. Allerdings könnten weder die Ukraine noch Belarus heute ohne enge wirtschaftliche und normale politische Beziehungen zu Russland auskommen.

Autorin: Natalja Grigorjewa / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Nicole Scherschun