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Bei Innovationen ist Deutschland nur Mittelmaß

Sabine Kinkartz4. Juni 2006

In Deutschland wurde das Auto erfunden, die erste Rechenmaschine, das Fax und das MP3-Format - doch wie innovativ ist die deutsche Wirtschaft noch? Eine Studie kommt zu keinem besonders erfreulichen Ergebnis.

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Das MP3-Format für Musik wurde in Deutschland entwickeltBild: dpa

Das erste Auto - neu eingegeben
Der Motorwagen von Carl BenzBild: AP

Wenn man auf die Patentanmeldungen schaut, dann müsste Deutschland wirklich Spitze sein. Platz 2 nach den USA mit insgesamt 18,6 Prozent aller Patentanmeldungen weltweit. Doch aus den Ideen werden leider immer seltener neue Verfahren und neue Produkte. Deutschland hat ein Umsetzungsproblem, so heißt es in einer gemeinsamen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) und des Roman-Herzog-Instituts (RHI). Ein Problem mit fatalen Folgen. "Beschäftigungseffekte gehen insbesondere von Produktinnovationen aus, also dort, wo es sich um gänzlich neue Erfindungen handelt", sagt IW-Direktor Michael Hüther. "Das kann man auch in vielen Segmenten im Kernbereich der Industrie nachweisen, beispielsweise in der Metall- und Elektrobranche, wo es auch die Ertragstreiber sind, die in neue Märkte und neue Kundensegmente hinein führen."

Zu wenig Investitionen

Und trotzdem investieren deutsche Unternehmen zu wenig in Forschung und Entwicklung. Ein Grund ist die mangelnde Risikofinanzierung. Alt-Bundespräsident Roman Herzog, Ehrenvorsitzender des nach ihm benannten Instituts, rechnet vor, dass in den USA 0,22 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Finanzierung risikoreicher Unternehmungen zur Verfügung stehen, in Deutschland aber nur ein Siebtel davon. "Die vielen guten Ideen, die mit weltmarktrelevanten Patenten dokumentiert sind, münden also oft in schwache, marktunfähige Produkte, weil die Finanzierung nicht zustande kommt oder nicht ausreichend zustande kommt", erklärt Herzog.

Einen Prototyp zur Serienreife zu bringen, kostet viel Geld, denn dafür braucht man Fachkräfte, neue Produktionsverfahren und ein teures Marketing. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen scheuen vor den Kosten zurück. "Der Mittelstand ist in der Forschung und Entwicklung nicht in dem Maß aktiv wie die großen Unternehmen", sagt IW-Direktor Hüther. "Nur jedes siebte Unternehmen setzt auf Forschung und Entwicklung. Aber wenn sie es tun, dann tun sie es mit der gleichen Struktur und Logik wie große Unternehmen auch."

Regionale Unterschiede

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass in Deutschland regional ganz unterschiedlich geforscht und entwickelt wird. Es haben sich so genannte Cluster gebildet, mit Ballungs- und Verbundvorteilen. Diese Regionen ziehen auch die qualifiziertesten Arbeitnehmer an. "Die wollen nicht nur wissen, wie die steuerliche Situation der Forschung ist und welche Zuschüsse es gibt, sondern die wollen auch wissen, wo die nächste Oper ist und der nächste Golfplatz und wo man segeln kann, also wie die Lebensqualität dort ist", sagt Roman Herzog. "Und das ist eine ganz starke Triebkraft für die Clusterbildung, die wir jetzt beobachten und die hängt auch von der Nähe zu Universitäten und Fachhochschulen ab."

Genau diese Innovations-Ballungsräume müssten nach Ansicht von Alt-Bundespräsident Herzog deutlicher gefördert werden. Die Studie schlägt zudem vor, Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerlich absetzbar zu machen. Insgesamt sei eine große Kraftanstrengung nötig. "Die gesamtwirtschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben müssen deshalb um mehr als zehn Milliarden Euro gesteigert werden, oder mit anderen Worten ausgedrückt, von heute bis zum Jahr 2010 müssen sie um 20 Prozent erhöht werden", glaubt Herzog.

Einen ersten Schritt will jetzt die Bundesregierung unternehmen. In den nächsten Monaten will Bundeswirtschaftsminister Michael Glos eine "High-Tech-Strategie" für Deutschland vorlegen, in deren Rahmen der Bund in den nächsten vier Jahren sechs Milliarden Euro in Forschung und Innovation investieren will.