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Begehrter Standort Deutschland

Detlev Karg29. Juni 2004

Der größte Konzern der Welt forscht jetzt auch in Deutschland. Den US-Anlagenbauer General Electric zog es ins bayrische Garching. Trotz Pisa-Studie. Und weil deutsche Bildung doch einfach gut ist.

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Feierliche Eröffnung: GE forscht in BayernBild: dpa

Der Standort in Garching ist gleichzeitig das dritte Forschungszentrum außerhalb der USA. Der US-Technologiekonzern, der weltweit mit den europäischen Firmen Siemens und Alstom konkurriert, feierte jetzt die Einweihung. 150 Wissenschaftler aus aller Welt werden dort vor allem an neuen Werkstoffen, erneuerbaren Energien und für die Medizintechnik forschen. GE steckt rund 52 Millionen Dollar in das Zentrum. Außerhalb der USA lässt der Konzern bereits in Schanghai und im indischen High-Tech-Zentrum Bangalore forschen. Vier Milliarden Dollar investiert GE in diesem Jahr weltweit in die Forschung – gut zweieinhalb Mal soviel (8,46 Milliarden Euro) kann die deutsche Forschungsministerin Edelgard Bulmahn ausgeben, wobei nicht alles Geld im Etat für die eigentliche Forschung verplant ist.

Dezentrale Strategie für mehr Wachstum

Offenbar tritt GE als globaler Konzern damit den Beweis an, dass es um die Alte Welt und Deutschland im Besonderen so schlecht nicht bestellt sein kann, wenn man auf der Suche nach neuen Märkten ist. Denn neben der US-Zentrale in New York ist Garching dann einer von vier weltweiten Think Tanks bei GE.

General Electric eröffnet Forschungszentrum in München, Stoiber und Jeffrey R. Immelt
Bild: dpa

Mit der Eröffnung des Zentrums wolle man näher bei den europäischen Kunden sein, verkündete Konzernchef Jeffrey Immelt (auf dem Bild rechts) bei der Eröffnung. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber frohlockte und nannte die Standortentscheidung ein "Aufbruchsignal für Deutschland". Subventionen flossen für das Forschungszentrum nicht. Ausschlaggebend für die Entscheidung, das Zentrum in Garching anzusiedeln, war die Nähe zur Technischen Universität München und deren Vernetzung mit anderen Universitäten, vor allem in Osteuropa. Die TU betreibt zudem mit dem Garchinger Forschungsreaktor ein Zentrum der deutschen Spitzenforschung. Man wolle das "gute deutsche Universitätssystem und die Ingenieure, die es hervorbringt" nutzen, so Immelt gegenüber der Presse. Das wird man in Berlin gern hören.

Deutschland als wichtigster Markt Europas im Visier

Die Kundennähe soll mehr Wachstum bringen: In Deutschland plane GE in diesem Jahr erneut einen Umsatzanstieg im zweistelligen Prozentbereich, sagte Deutschlandchef Thomas Limberger. Schon im vergangenen Jahr lief es gut für die Amerikaner: 2003 steigerte das Unternehmen in Deutschland den Umsatz um ein sagenhaftes Drittel von 4,4 auf sechs Milliarden Dollar. Europaweit erlöste GE 32 Milliarden Euro, rund die Hälfte aller weltweiten Umsätze ohne die USA. Insgesamt setzte GE 2002 über 132 Milliarden Dollar um und beschäftigte über 300.000 Menschen. 7000 davon arbeiten in Deutschland. Es könnten noch mehr werden: Konkurrenz für die heimische Siemens AG ist angesagt. Räumlich sind sich die beiden Konkurrenten näher gekommen, denn GE setzte den 20 Kilometer entfernten Siemensianern das Forschungszentrum quasi vor die Nase.

Mächtige Konkurrenz für die Platzhirsche

Platzhirsch Siemens muss nun auf dem Heimatmarkt aktiver werden. Die Amerikaner zeigen, wie sich hierzulande Geld verdienen lässt: Mit Alarmanlagen für das Eigenheim etwa. Die Deutschen sind in dieser Hinsicht echte Muffel. Laut GE habe nur ein Prozent der Häuslebesitzer zwischen Rhein und Oder eine Alarmanlage, in den USA sind es bereits 18 Prozent. Doch das ist noch nicht alles was GE zu bieten hat. Über 44 Prozent steuerte die Finanztochter GE Capital im ersten Quartal 2003 zum Umsatz bei – ein gigantischer Anteil für einen Konzern, der nach außen immer noch als Industrie-Konglomerat wahrgenommen wird. GE Capital solle als Marke weltweit bekannter werden, hieß es jüngst aus der Konzernzentrale. Nicht nur Siemens, auch die deutschen Bankhäuser werden also aus ihrem Kartell der Gemütlichkeit ausbrechen müssen. Denn die neuen Konkurrenten wie GE Capital bieten Finanzprodukte, die sie noch gar nicht entwickelt haben.

Trotzdem gut für Deutschland: Die auf Verbraucherkredite spezialisierte GE Money Bank hat gerade ein Call-Center mit 300 Arbeitsplätzen in Hannover errichtet. Der Standort hat offenbar etwas für sich.