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Beckenbauer: "WM nicht gekauft"

18. Oktober 2015

Nach Wolfgang Niersbach wehren sich auch Franz Beckenbauer und Theo Zwanziger gegen die Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe der WM 2006. Auch weitere betroffene Personen melden sich zu Wort.

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Franz Beckenbauer Sportfunktionär
Bild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Am Sonntagnachmittag äußerte sich erstmals Franz Beckenbauer zu den Vorwürfen, die WM 2006 sei gekauft worden. "Ich habe niemandem Geld zukommen lassen, um Stimmen für die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland zu akquirieren", so der damalige Präsident des WM- Organisationskommitees. "Und ich bin sicher, dass dies auch kein anderes Mitglied des Bewerbungskomitees getan hat", ließ Beckenbauer über sein Management erklären.

DFB-Präsident Niersbach hatte zuvor rechtliche Schritte gegen den Spiegel angekündigt und die Korruptionsvorwürfe ins Reich der Fabeln verwiesen. "Ich kann versichern, dass es im Zusammenhang mit der Bewerbung und Vergabe der WM 2006 definitiv keine "schwarzen Kassen" beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), dem Bewerbungskomitee noch dem späteren Organisationskomitee gegeben hat", sagte der 64-Jährige auf der Homepage des DFB und schloss den angeblichen Kauf von Stimmen der vier asiatischen Vertreter vor der WM-Vergabe am 6. Juli 2000 in Zürich aus: "Das kann ich allen Fußball-Fans versichern".

Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht

Angesichts der erhobenen Vorwürfe prüft die Staatsanwaltschaft Frankfurt mittlerweile, ob ein Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren vorliegt. Als mögliche Tatbestände nannte eine Sprecherin Betrug, Untreue oder Korruption. Es handele sich um einen "Beobachtungsvorgang".

Politik schaltet sich ein

Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe raten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und IOC-Präsident Thomas Bach dem DFB zu einer schnellen Aufklärung. Er könne nur raten, dass das, was der DFB zum Ausdruck gebracht habe, jetzt schnellstmöglich Untersuchungen einzuleiten, auch passiere. "Das ist im Interesse des Sports, im Interesse des Fußballs. Aber das ist auch unser gemeinsames Interesse", sagte Steinmeier. "Thomas Bach geht im Interesse des Fußballs davon aus, dass eine zügige und umfassende Aufklärung der Vorwürfe erfolgt", sagte der für Deutschland zuständige IOC-Sprecher Christian Klaue auf Anfrage des Sport-Informationsdienstes SID.

Der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily sieht derweil keine Hinweise auf Bestechung. "Als Mitglied des Organisationskomitees für die Fußball-WM habe ich zu keinem Zeitpunkt Informationen erhalten, die den Verdacht schwarzer Kassen begründen", sagte Schily der Bild am Sonntag und nahm den ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger in die Pflicht: "Alle Zahlungen des DFB einschließlich der gesamten Buchhaltung wurden seinerzeit von dem damaligen Schatzmeister des DFB, Dr. Theo Zwanziger, sorgfältig geprüft", so Schily.

Fußball-WM 2006 - Organisationskomitee
Das WM-Organisations-Team 2006 v.l.n.r.: Schmidt, Zwanziger, Beckenbauer und NiersbachBild: picture-alliance/dpa/DB Kunz

Zwanziger unter Druck

Wenn es bei einer Zahlung des DFB an die FIFA Unklarheiten gebe, "gehört das zur Verantwortung der FIFA und liegt außerhalb der Verantwortung des Organisationskomitees. Da Dr. Theo Zwanziger als späteres Mitglied des Exekutivausschusses der FIFA sicherlich Zugang zu der Buchhaltung der FIFA hatte, kann er am ehesten dazu Auskunft geben."

Auch der langjährige FIFA-Mediendirektor und -Insider Guido Tognoni brachte den Namen Zwanziger ins Gespräch: "Es ist bekannt, dass Wolfgang Niersbach und sein Vorgänger Theo Zwanziger nicht die innigsten Freunde sind. Es fällt auf, dass Theo Zwanziger im Spiegel auffällig geschont wird. Die undichte Stelle ist möglicherweise, mit allen Vorbehalten, Theo Zwanziger". Am Sonntagnachmittag wehrte sich Zwanziger über seinen Anwalt Hans-Jörg Metz gegen die seiner Meinung nach "abenteuerlichen Vorwürfe".

FIFA Guido Tognoni Ex-Mediendirektor
Wurde konkret: Tognoni im ZDF-InterviewBild: picture-alliance/dpa/K. Schindler

Wofür war das Geld?

Der Spiegel hatte berichtet, die WM sei mutmaßlich gekauft worden. Das Bewerbungskomitee soll eine schwarze Kasse eingerichtet haben, die der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus heimlich mit 10,3 Millionen Schweizer Franken - damals 13 Millionen Mark - gefüllt haben soll. Mit dem Geld sollen Stimmen gesichert worden sein. Die Kandidatur des DFB setzte sich bei der Abstimmung im FIFA-Exekutivkomitee mit 12:11 Stimmen hauchdünn gegen Südafrika durch.

sw/tk (dpa, sid)