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"Medien-Opfer" Beck

9. September 2008

Der frühere SPD-Chef Kurt Beck hat seinen Rücktritt mit einem offenen Vertrauensmissbrauch begründet. Derweil gehen die Flügelkämpfe in der Partei über die Agenda 2010 und den Umgang mit der Linken weiter.

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Kurt Beck vor rheinland-pfälzischem Landeswappen (Quelle: AP)
Wieder ganz Landesvater: Kurt BeckBild: AP

Den Medien seien am vergangenen Samstagabend aus der Partei "Fehlinformationen" zugespielt worden, nachdem er mit Frank-Walter Steinmeier beschlossen hätte, diesen am Tag darauf zum Kanzlerkandidaten vorzuschlagen, sagte Beck am Dienstag (09.09.2008) in Mainz. In der Nacht zum Sonntag sei er daher zu der Überzeugung gelangt, dass es für ihn nicht mehr möglich sei, seine Aufgabe "sinnvoll zu erfüllen".

Sein Rücktritt sei eine "bewusste Entscheidung" gewesen, die nach einer "intensiven Selbstprüfung" gefallen sei, fügte Beck hinzu. Durch die falsche Information der Medien sei sein zentrales Recht als Parteivorsitzender eingeschränkt worden, den Kanzlerkandidaten vorzuschlagen. Beck nannte zwar keine Namen, schloss aber "die erste politische Reihe" ausdrücklich von seinen Vorwürfen aus.

Die spinnen, die Parteifreunde

Kurt Beck vor Journalisten in der Mainzer Staatskanzlei (Quelle: AP)
Pressekonferenz in der Mainzer StaatskanzleiBild: AP

Beck erklärte, die Entscheidung dass Steinmeier Kanzlerkandidat werden solle, habe er schon vor Monaten getroffen. In der vergangenen Woche habe er mit dem Außenminister und seinem jetzigen Nachfolger als Parteichef, Franz Müntefering, eine gemeinsame Linie verabredet. Auch für Müntefering sei im Wahlkampf eine Rolle vorgesehen gewesen. Am Samstag hätten die drei dann die Spitzen von Partei und Fraktion informiert, ebenso weitere führende Persönlichkeiten wie den ehemaligen Kanzler Gerhard Schröder.

Am Samstagabend hätten dann Medien Dinge berichtet, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun gehabt hätten. So hatten der "Spiegel" und die "Berliner Zeitung" vorab gemeldet, Steinmeier greife nach der Kandidatur, um nicht als Kandidat von Becks Gnaden dazustehen. Beck sagte wörtlich: "Den Medien wurden bewusste Fehlinformationen zugespielt, 'spinnen' nennt man das wohl." Dadurch sei zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung sein Recht, einen Kandidaten zu benennen, eingeschränkt worden.

Absurde Einordnung als Parteilinker

Zu seiner politischen Zukunft bekräftigte Beck, dass er seine Aufgabe als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz weiter wahrnehmen und wieder als SPD-Landeschef kandidieren werde. Er sprach von einer absoluten Zustimmung im Landesverband. Er werde sich wieder allein auf die Aufgaben in seinem Bundesland konzentrieren, sagte er.

Beck verwies auch darauf, dass seine politische Einstellung vor seinem Amtsantritt als SPD-Chef bekannt gewesen sei und sich nicht geändert habe. Er habe sich dann wiedergefunden in der "fast absurden Situation, plötzlich zur Parteilinken zu zählen". So habe er die Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung immer für richtig gehalten. Beck war vorgeworfen worden, einen Linksruck der SPD in die Wege geleitet zu haben.

Weiter gespaltenes Verhältnis zur Linken

Berlins Regierender Bürgermeister mit dem Fraktionschef der Linken im Bundestag (Quelle: AP)
Hat die Linke fest im Blick: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (r.) mit dem Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor GysiBild: AP

Unterdessen spitzte sich der Streit der Parteiflügel über die inhaltliche Ausrichtung der SPD nach dem Führungswechsel zu. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, warnte Müntefering und Steinmeier vor einem Kurswechsel. Der SPD-Linke wies darauf hin, dass etwa die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I und eine praktikable Umsetzung der Rente mit 67 eine breite Mehrheit in der Partei hätten. "Ich gehe davon aus, dass da kein neuer Streit ausbricht - aber wir werden sehen", sagte er der "Berliner Zeitung". Auch forderte Wowereit Solidarität mit der hessischen SPD-Landeschefin Andrea Ypsilanti, die eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung der Linkspartei anstrebt.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück forderte dagegen im deutschen Fernsehen, die SPD müsse sich von der Linken abgrenzen und dürfe nicht nur auf Verteilungspolitik setzen. Sie müsse stattdessen versuchen, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Zugleich bekräftigte Steinbrück seine Kritik am Kurs Ypsilantis.

Linke-Chef Oskar Lafontaine wertete den Führungswechsel in der SPD als Wahlgeschenk. "Das Comeback der Schröderianer garantiert der SPD weitere Wahlniederlagen und Mitgliederverluste", sagte er. (gri)

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