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Beamte im Cyberfieber

Vanessa Fischer8. Juli 2003

Die papierlose Verwaltung. Noch scheint sie in weiter Ferne, vielleicht aber nicht mehr lange. Im italienischen Cernobbio trafen sich 30 EU-Minister mit dem Ziel, Europas Behörden elektronisch fit zu machen.

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E-Government soll Behörden-Gänge vereinfachenBild: bilderbox

Das magische Wort heißt E-Government. Gemeint ist die elektronische Verwaltung. Die soll jetzt nach dem Willen der Minister innerhalb der Europäischen Union kräftig vorangetrieben werden. Dafür haben sie sich am Comer See zwei Tage lang zum Erfahrungsausstausch getroffen. Für die EU gibt es viel zu tun: Während Behörden in einigen Länder schon sehr weit auf dem Weg zur papierlosen Verwaltung sind, steckt sie in anderen Staaten noch in die Kinderschuhen.

Betroffen ist der elektronischen Datenfluss innerhalb der Behörden, aber auch deren Auftritt nach außen, der Service für den Bürger also. Die Europäische Kommission selbst geht mit gutem Beispiel voran. Ihre Internetseite ist eine der meistbesuchten in Europa. Seit zwei Jahren läuft das E-Europe–Programm, mit dem die Kommission ihre Internetpräsenz kontinuierlich ausbaut. Entscheidungen, die in Brüssel fallen, sollen für den Bürger besser nachvollziehbar sein. Er soll seine Meinung einbringen, stärker einbezogen werden.

"Ich antworte immer"

EU-Kommissar Erkkii Liikaanen ist zuständig für die europäische Informationsgesellschaft und stolz auf sein Programm: "Ich habe da eine besondere Verantwortung und finde die Herausforderung spannend." Deshalb wolle er auch zur Verfügung stehen, wenn jemand ihm schreibt. "Ich antworte immer", versichert Liikaanen. Wie bei allen anderen Kommissaren kann man auch über Liikaanens Website direkt Kontakt zu ihm aufnehmen.

Doch E-Government ist mehr als eine funktionierende E-Mail-Adresse. Die digitale Verwaltung ist vielerorts Fassade. Nur vereinzelt preschen Kommunen und Städte hervor, die wirklich versuchen, ihre Arbeit auf elektronischem Wege effizienter zu machen und Kosten zu sparen. Darunter die Hansestadt Bremen.

Bremens Internetdienste sind die fortschrittlichsten Europas, so das Urteil der EU-Kommission. Im E-Europe-Wettbewerb setzte sich die Stadt gegen 360 Ämter und Verwaltungen als Sieger durch. Bremen versucht Verwaltungsvorgänge zu bestimmten Lebenslagen zu bündeln. Mit dem Modul "Wohnungswechsel" zum Beispiel, gibt der Bürger seine Daten in den Computer ein und das System übernimmt die restliche Abwicklung beim Einwohnermeldeamt, den Stadtwerken, der Post und bei Studenten sogar die Ummeldung an der Universität.

Vorreiter Großbritannien

Trotz derart innovativer Preisträger hinkt Deutschland beim E-Government noch hinterher. Nach einer Untersuchung des Weltwirtschaftsforums in Genf erreicht Deutschland in dieser Kategorie nur Rang 32 von 82 untersuchten Ländern. Großbritannien hingegen zählt im europäischen Vergleich zu den Vorreitern in Sachen elektronische Verwaltung. Über zwei Drittel des Königreichs sind online, mehr als 300 Regierungsseiten finden sich im Netz.

In Deutschland liegen die Schwierigkeiten darin, die Abläufe unter Kommunen und Bundesbehörden durch technische Standards effektiv zu vernetzen, meint Axel Heinz, Verwaltungswissenschaftler am Institut für E-Government der Uni Potsdam. Bisher gebe es lediglich Empfehlungen für Standards. "Die sind natürlich nicht verbindlich und dann passiert es, dass jede Kommune an ihrem System bastelt." Dabei wäre es einfacher bestimmte Module, zum Beispiel für die KFZ-Anmeldung, beim Bundesamt zu bestellen, das sich dann auch um die Wartung der Software kümmern würde, sagt Heinz im Gespräch mit DW-WORLD.

Elektronische Unterschrift

Ein Schritt in diese Richtung könnte schon bald die sogenannte Signaturkarte für die elektronische Unterschrift sein. Die muss fälschungssicher über das Internet verschickt werden können und um das zu gewährleisten, werden die Städte und Kommunen auf standardisierte Sicherheitssysteme angewiesen sein. Axel Heinz ist davon überzeugt, dass die Einführung der Signaturkarte auch die Vernetzung der Behörden untereinander verbessern wird.

Im britischen Sheffield ist die Stadtverwaltung schon viel weiter. Statt reiner Signaturkarten gibt es dort die Smart-Card. Sie funktioniert wie eine EC-Karte. Der Bürger wird über Öffnungszeiten städtischer Einrichtungen informiert, kann seine KFZ-Steuer zahlen und – ganz smart – sogar seine Stimme bei den Stadtparlamentswahlen abgeben. Bis zur europaweiten Einführung der Smart-Card hat die EU allerdings noch einen weiten Weg vor sich.